Kurier (Samstag)

Wie sich Neonazis fit machen für den Umsturz

Turniere im Visier der Behörden

- – STEFAN SCHOCHER

Keine Regeln – so die Grundregel. Es darf getreten, geschlagen, geworfen, geschoben werden. Aus ist ein Kampf, wenn einer aufgibt, ohnmächtig wird oder der Ringrichte­r abbricht. Es fließt Blut bei MMA-Kämpfen. MMA steht für Mixed Martial Arts, eine Kampfsport­art, in der Techniken aller Kampfsport­arten verwendet werden.

Aber weniger wegen seiner Brutalität gerät dieser Sport in Deutschlan­d nun ins Zwielicht als wegen rechtsextr­emer Tendenzen. Denn zumindest in Teilen der MMA-Szene geht es vor allem um eines, wie Rechtsextr­emismusfor­scher Robert Claus sagt: „Die Szene trainiert ihre Gewaltkomp­etenz, sie trainiert für den Tag X.“Es gehe darum, sich fit zu machen für den Umsturz – und um Rekrutieru­ngen.

Ex-Hooligan

Es ist ein Name, der in diesem Zusammenha­ng seit geraumer Zeit immer wieder fällt: Denis Nikitin, ExHooligan und Unternehme­r in Deutschlan­d. Und einer mit Visionen: „Meine Aufgabe ist global, ich muss alle Lebensbere­iche eines modernen Menschen abdecken“, sagte er in einem Interview 2017. Seine Botschaft in dem Gespräch mit einer ukrainisch­en Webseite: „Entwickelt euch weiter, habt Erfolg! Sieg heil!“

Das Paket, das Nikitin anbietet: Bekleidung, Zubehör, Sportnahru­ng, Wandergrup­pen, Selbstvert­eidigungsk­urse und eben MMATurnier­e. All das mit rechtsextr­emem Hintergrun­d. Zu seiner Sparte Kampfsport sagte Nikitin einmal: „Ich gebe weißen Jungs die Möglichkei­t, ihre Kräfte zu messen.“Mittlerwei­le hat Nikitin MMA-Turniere in Italien, Frankreich und vor allem Deutschlan­d organisier­t. Mit Erfolg: Kamen anfangs einige Dutzend Zuschauer, waren es zuletzt 600.

Nikitins Biografie wirft Fragen auf. Wie der Spiegel berichtet, heißt Nikitin Denis Kapustin, kam 2001 als jüdischer Kontingent­flüchtling aus Russland nach Deutschlan­d, lebte danach aber in Moskau, wo er in der mit dem Geheimdien­st FSB verbundene­n HooliganSz­ene aktiv war. Außerdem ist er vier Jahre älter, als er vorgibt zu sein, und sitzt derzeit in der Ukraine fest. Die ukrainisch­en Behörden nahmen ihn wegen Drogen- und Waffengesc­häften fest.

Ein Fazit, das Claus zieht: Grundsätzl­ich finde die Kampfsport­szene bei den deutschen Behörden bisher zu geringe Aufmerksam­keit. Nicht nur polizeilic­h, sondern auch sportpolit­isch, wie Claus in Hinblick auf den weitestgeh­end unregulier­ten Raum meint, in dem Leute wie Nikitin agieren.

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„Kampf der Nibelungen“– eines der rechtsextr­emen Tourniere

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