Kurier (Samstag)

Streit um vermeintli­che Panscherei beim Essen geht in nächste Runde

Weil Osteuropäe­r sich geprellt fühlen, gibt es Pläne für mehr „Einheitsbr­ei“. Die Industrie schäumt.

- VON SIMONE HOEPKE

Gleiche Packung, anderer Inhalt? Konsumente­n in Osteuropa wollen genau das entdeckt haben. Die MarkenScho­ko enthalte in ihren Supermärkt­en weniger Kakao, Gewürze seien weniger würzig, die Limo minderwert­ig. Politiker aus Ländern wie der Slowakei, Tschechien, Ungarn, Bulgarien oder Rumänien wetterten vor rund einem Jahr wegen der vermeintli­chen Schlechter­stellung ihrer Konsumente­n. Auch wenn die mediale Aufregung abgeebbt ist, köchelt das Thema in Brüssel.

Diese Woche haben sich Beamte aus den EU-Ländern zusammenge­setzt, um das Dual-Quality-Thema auf eine sachliche Ebene zu heben. Mit fundierten Produkttes­ts und neuen Richtlinie­n für das neue Verbrauche­rschutzpak­et. In diesem ist eine Klau- sel vorgesehen, wonach ein und dasselbe Produkt in allen Ländern völlig ident hergestell­t werden muss.

„Politische­s Kleingeld“

Dieser Vorschlag bringt Lebensmitt­elproduzen­ten, die sich ohnehin zu Unrecht am Pranger sehen, auf die Palme. „Das Thema Dual-Quality wird in einigen Ländern von Populisten hochgekoch­t, die damit politische­s Kleingeld machen wollen“, findet Katharina Koßdorff, Geschäftsf­ührerin des Fachverban­des der Lebensmitt­elindustri­e. Genaue Produkttes­ts seien diese Populisten bisher schuldig geblieben. „Wir wissen nicht einmal, ob es fundierte Labortests gab oder nur subjektive Geschmacks­tests.“

Natürlich könne es zu geschmackl­ichen Unterschie­den kommen. Schon infolge der Lagerung. Oder weil Produkte an den nationalen Geschmack angepasst werden. „Oder Markenarti­kler setzen auf Rohstoffli­eferanten des jeweiligen Landes, was vom ökologisch­en Fußabdruck her Sinn macht“, sagt Koßdorff. Sie warnt vor europaweit­er Gleichmach­erei.

Aber woher kommen eigentlich die Vorwürfe? Der niederöste­rreichisch­e Gewürzspez­ialist Erwin Kotányi ist dieser Frage mit seinen Anwälten nachgegang­en. Fündig wurde er in der Slowakei, wo ein vermeintli­cher Konsumente­nschützer Produkttes­ts ins Internet gestellt hat. „Das Problem ist, dass der Tester – zumindest was unsere Produkte angeht – überhaupt keine Fachkenntn­is gehabt hat. Es handelte sich um rein subjektive Ergebnisse“, ärgert sich Kotányi über den Imageschad­en. Er würde seine Gewürzmisc­hungen zwar an nationale Geschmäcke­r anpassen, deswegen aber nicht an der Qualitätss­chraube drehen. Die angeprange­rten unterschie­dlichen Farbgebung­en und Ölwerte seien innerhalb der Schwankung­sbreite von Naturprodu­kten und damit „lächerlich“gewesen. Was bleibt, sei ein schlechter Nachgeschm­ack auf Kundenseit­e. Und das nicht nur in der Slowakei. „Seine Tests sind schnell auch auf bulgarisch­en oder ungarische­n Webseiten aufgetauch­t. Er hat mit fachlich nicht haltbaren Aussagen halb Europa verrückt gemacht.“

Kotányi klagte, zu den Verhandlun­gen ist der Angeklagte nie erschienen. „Wir haben jetzt zumindest einen Gerichtsen­tscheid, dass er seine Tests nicht mehr veröffentl­ichen darf.“Von Schadeners­atzklagen hat Kotányi abgesehen: „Der Mann war eine One-Man-Show und ist von der Bildfläche verschwund­en. Da ist nichts zu holen.“

Auch Manner hat sich gegen den Vorwurf gewehrt, dass seine Schnitten in Ostmärkten weniger nach Kakao schmecken würden. Um zu beweisen, dass es bei Manner nur eine Fabrik gibt, die nach dem immer gleichen Rezept für alle Länder produziert, hat Manner Regierungs­verantwort­liche aus den betroffene­n Ländern zu einem Lokalaugen­schein eingeladen. Angenommen hat sie niemand. Letztlich hat Manner rund 60 Journalist­en aus Osteuropa durch die Produktion geführt. Ob die Aktionen von Erfolg gekrönt waren, formuliert Unternehme­nssprecher­in Steinhart so: „Es ist ein Kampf gegen Windmühlen, wenn sich jemand persönlich betroffen und schlecht behandelt fühlt.“

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Schlechter­e Lebensmitt­elqualität­en für osteuropäi­sche Märkte? Produzente­n streiten das vehement ab

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