Kurier (Samstag)

Der Doktor und sein Rezept

Valentino Rossi. Der Superstar wird heute 40 Jahre alt und ist immer noch schnell unterwegs

- VON MATHIAS KAINZ

Es sind ikonische Elemente einer lebenden Legende: Die knallgelbe Nummer 46 und der Schriftzug „The Doctor“. Jeder Motorsport­fan weiß genau – wenn von „Il Dottore“die Rede ist, dann geht es um einen Großmeiste­r auf zwei Rädern. Um Valentino Rossi. Den Titel „Dottore“hat er sich selbst zuzuschrei­ben – mit chirurgisc­her Präzision zirkelt Rossi sein Zweirad um jeden Kurs, mit ebensolche­r Präzision zerlegte er die Psyche seiner Konkurrent­en wie etwa Max Biaggi, brachte sie an den Rand der Verzweiflu­ng. Seine mentale Stärke macht Rossi auch mit nun 40 Jahren immer noch zum Spitzenfah­rer – und was an Risikobere­itschaft vielleicht im Vergleich zu Jungstars wie Marc Márquez fehlt, macht Rossi mit Routine und unbeschrei­blichem Gefühl für seinen Untersatz wieder wett.

Triumphe

Vor mehr als zwei Jahrzehnte­n wurde Rossi erstmals Weltmeiste­r – 1997 holte er den Titel in der 125er-Klasse. Er tat es auf Aprilia, ein Italiener, Weltmeiste­r auf einem italienisc­hen Motorrad. Spätestens da war der Jungspund aus der 15.000-EinwohnerS­tadt Urbino in den Herzen der italienisc­hen Motorsport­fans angekommen. Es sollten noch acht weitere WMKronen folgen, auf Aprilia in der 250er-Klasse und später in der Königsklas­se auf Honda und Yamaha. Mit der Marke aus Iwata war Rossi in dreizehn Jahren Zusammenar­beit in der Motorrad-WM nie schlechter als Fünfter.

Den Tiefpunkt seiner WM-Karriere hat er seinem Nationalst­olz zu verdanken. Er wollte wiederhole­n, was ihm in den kleinen Klassen gelungen war – auf einem italienisc­hen Motorrad Weltmeiste­r werden. Der Wechsel zu Ducati ging nach hinten los, Rossi blieb sieglos, stand in zwei Jahren nur drei Mal auf dem Podest. Er kehrte reumütig zu Yamaha zurück.

Tragödien

Die größte Tragödie seiner Karriere war aber keine sportliche, sondern eine menschlich­e: Als Rossis enger Freund Marco Simoncelli 2011 in Sepang stürzte, waren es Rossi und Colin Edwards, die den Gestürzten mit voller Wucht trafen. Simoncelli, den Rossi mehrmals als Italiens größtes Talent bezeichnet hatte, erlag seinen Verletzung­en am selben Tag. Noch heute trägt er oft Simoncelli­s Nummer 58 auf dem Helm, vor allem, wenn Rossi bei seinem Heimrennen in Misano am Start steht. Die Strecke, nur 15 Kilometer von Rossis berühmter Ranchin Tavullia entfernt, trägt heute den Namen des Verstorben­en.

Rossi selbst hat sich mittlerwei­le schon seinen Ruhestand zurechtgel­egt: Endet die Karriere einmal – sein Vertrag mit Yamaha läuft 2020 aus – dann wird der Doktor wohl bei seinem Team VR46 ordinieren. Dort verleiht er Italiens WM-Talenten den letzten Schliff – mit Erfolg: Pecco Bagnaia schaffte als amtierende­r Moto-2-Weltmeiste­r den Sprung zu Ducati in die MotoGP.

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Daumen hoch: Rossi denkt noch nicht an sein Karriereen­de

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