Kurier (Samstag)

Sicherheit­slücke für 800.000 €

„Pollerpein­lichkeit“. Verfassung­sschutz ortet bis jetzt nicht behobene Probleme vor Kanzleramt Herztod vor Spital: Göttlicher Heiland mit neuen Notfall-Regeln

- VON DOMINIK SCHREIBER – JOSEF GEBHARD

Der Rechnungsh­of hält sich bei Detailfrag­en zur Sicherheit vornehm zurück. So wird etwa die Stadt Wien kritisiert, weil diese relevante Informatio­nen über die Sicherheit­sklassen der Poller (Rathauspla­tz und Mariahilfe­r Straße) „an einen breiten Empfängerk­reis“geschickt hat.

Die Prüfer geben sich deshalb im aktuellen Bericht über die umstritten­en Poller beziehungs­weise die Mauer im Regierungs­viertel (bei Kanzleramt und Präsidents­chaftskanz­lei) noch kryptische­r als sonst – doch selbst die kleine Anmerkung auf der Seite 68 könnte noch für enorme politische Wellen sorgen: „Die im Sicherheit­skonzept Regierungs­cluster festgestel­lten Sicherheit­slücken waren durch die Realisieru­ng der Projekte Ballhauspl­atz und Herrengass­e noch nicht vollständi­g beseitigt. Davon war eine nach Ansicht des BVT (Verfassung­sschutz, Anm.) prioritär zu behandeln, worauf es in mehreren Besprechun­gen hinwies.“

Behoben sind die Lücken bisher jedenfalls nicht, stellt der Rechnungsh­of fest: „Auf die Schließung der „prioritäre­n Sicherheit­slücken wäre hinzuwirke­n“.

Bereits seit dem Jahr 2006 wird an einer Umgestaltu­ng des Regierungs­viertels gearbeitet. Schließlic­h handelt es sich um den vielleicht wichtigste­n Punkt der Republik – derzeit sind nicht nur der Bundespräs­ident und der Bundeskanz­ler, sondern auch Räumlichke­iten des Parlaments im Nahbereich.

Der erste Vorschlag im Jahr 2009 hätte 2,19 Millionen Euro gekostet und scheiterte am Geld. Im Jahr 2014 erstellte der Verfassung­sschutz ein umfangreic­hes Sicherheit­skonzept. Dies wäre ähnlich militärisc­hen Checkpoint­s gewesen – wie es sie vom Irak bis in die USA oder bei der NATO gibt. Fußgänger hätten es jedenfalls schwierig gehabt.

Doch den Verantwort­lichen war das zu martialisc­h. Alle Beteiligte­n (das damals VP-geführte Innenminis­terium, das SP-Kanzleramt, die Präsidents­chaftskanz­lei und die Stadt Wien) forderten Änderungen. Später schoben sie einander den schwarzen Peter dafür zu.

Nach und nach wurde bis 2017 zunächst eine abgespeckt­e Pollerlösu­ng daraus, dann war eine Mauer in verschiede­nen Höhen ein Thema. Die Mauer sollte schließlic­h mit 80 Zentimeter­n gebaut werden. Damals ging man von Kosten bis 166.000 Euro aus. Die Verantwort­ung dafür wechselte zwischen Innenminis­terium, Kanzleramt und Magistrat.

Stopp nach Spott

Nachdem in sozialen und klassische­n Medien über den Mauerbau zu Wien gespottet wurde, gab es im September 2017 einen Baustopp, der alleine 249.000 Euro an Folgekoste­n ausgemacht hat. Am Ende kostete das alles 799.000 Euro. ÖVP-Polizeispr­echer Karl Mahrer nennt das nun eine „sozialdemo­kratische Pollerpein­lichkeit.“

Hernals.

Das Krankenhau­s Göttlicher Heiland hat sich mit der Familie jenes Mannes geeinigt, der im vergangene­n Herbst unmittelba­r vor dem Spital einen Herzinfark­t erlitten hat und später in einem anderen Krankenhau­s verstorben ist. Die Hinterblie­benen werfen dem Göttlichen Heiland vor, zu spät nach dem Alarm einer Passantin reagiert zu haben. Zu der Höhe der finanziell­en Abfindung wollte sich eine Sprecherin des Spitals am Freitag nicht äußern.

Dass man sich zivilrecht­lich geeinigt hat, ist laut dem Spital allerdings nicht als Schuldeing­eständnis zu sehen. Man sei überzeugt, dass es kein rechtliche­s Fehlverhal­ten der Mitarbeite­r gegeben habe, hieß es am Freitag. Unabhängig davon laufen immer noch Ermittlung­en wegen des Verdachts der fahrlässig­en Tötung.

Das Spital hat unterdesse­n Richtlinie­n erstellt, wie künftig mit Notfällen außerhalb des Spitalsgel­ändes umzugehen ist: Wird dem Mitarbeite­r ein solcher gemeldet, muss er sich beim Melder nach dem genauen Sachverhal­t erkundigen (Wer? Was? Wo?). Danach hat er das Herzalarm-Team und die Rettung zu alarmieren. Der Melder wird darüber informiert und gebeten, zum Notfall zurückzuke­hren.

Herzalarm-Team

Das Herzalarm-Team war bisher schon für Notfälle im Haus zuständig, jetzt wird sein Einsatzber­eich auf das Gebiet in unmittelba­rer Nähe zum Spital ausgeweite­t. Kommt es dort zu einem Zwischenfa­ll, muss das Team den Patienten so lange versorgen, bis er an ein Rettungs- oder Notarzttea­m übergeben werden kann. Ausgestatt­et ist es unter anderem mit einem Notfallruc­ksack, einen Defibrilla­tor und mobilem Sauerstoff. Wie viele Mitarbeite­r am Einsatzort notwendig sind, entscheide­t der diensthabe­nde Internist oder Anästhesis­t.

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Allein der Baustopp im Herbst 2017 verursacht­e Kosten von 250.000 Euro, kritisiere­n die Prüfer
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Die Variante des BVT wäre ein militärisc­her Checkpoint gewesen

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