„Augustin“steht vor dem Aus
Rückgang. Die Wiener Stadtzeitung kämpft mit einbrechenden Verkaufszahlen. Die Verkäufer berichten von immer neuen Verboten und verstärkten Polizeikontrollen.
Die Stadtzeitung kämpft mit verringerten Verkaufszahlen, Verboten und Polizeikontrollen.
„Wollen Sie einen Augustin?“– diese Frage hört man in Wien tagtäglich. Nach 24 Jahren stellt sich allerdings die Frage, wie lange noch.
Während der Augustin im Jahr 2007 noch 70.000mal im Monat verkauft wurde, sind es heute nur noch rund 36.000 Exemplare. Durch die massiven Einbußen droht der sozialen Stadtzeitung das Aus.
Zunächst werden Aktivitäten wie Radio- oder TV-Sendung und organisierte Fußballspiele den Einsparungen zum Opfer fallen. Sollte sich an der finanziellen Situation aber nichts ändern, wird es auch für die Zeitung schwierig, wie Augustin-Sprecherin Claudie Poppe erklärt: „Wir brauchen bereits jetzt eine Finanzspritze, damit 2019 auf Schiene ist.“Neben dem veränderten Medienkonsum der Menschen haben die Rückgänge bei den Verkäufen besondere Gründe.
Verbote
Die Verkäufer der Stadtzeitung Augustin haben zuletzt vermehrt mit Problemen bei ihrer Tätigkeit zu kämpfen. Unter anderem dürfen viele Verkäufer nicht mehr vor ihren angestammten Geschäften stehen, wie eine Verkäuferin, die anonym bleiben möchte, erzählt: „Die Filialleitung hat gesagt, dass es mit mir noch nie Probleme gab, aber trotzdem darf ich jetzt nicht mehr vor dem Geschäft verkaufen.“
Diese Erfahrung bestätigt auch Sprecherin Poppe: „Wir merken, dass das Klima rauer wird und die Menschen zunehmend genervt sind von den Verkäufern. Das hat schon mit der grundsätzlichen Stimmung im Land zu tun.“
Früher hatte das Sozialprojekt ein gutes Einvernehmen im öffentlichen Bereich, sowohl mit Supermarkt-Ketten als auch Lokalbesitzern. Heute wird von vielen Ketten ein Verkaufsverbot vor ihren Filialen ausgesprochen.
So darf etwa eine Augustin-Verkäuferin nur noch mit fünf Metern Abstand zur Filiale einer Supermarkt-Kette ihre Zeitungen an Mann und Frau bringen. „Das erschwert natürlich den Verkauf. Denn genau durch die Nähe zu Geschäften kam es zum Kontakt mit Kunden“, meint Poppe.
150-Euro-Strafe
Zudem gibt es große Problememit Kontrollen der Polizei. Immer öfter, meint die Spre- cherin, berichten Verkäufer von verstärkten Kontrollen der Herkunft sowie Anzeigen wegen zu aggressiven Verkaufs (siehe Faksimile oben). „Die Verkäufer werden von der Polizei aufgefordert, das Land zu verlassen. Oder es gibt eine Anzeige mit einer Strafe von 150 Euro, weil der Verkäufer dem Passanten eine Zeitung vor das Gesicht gehalten haben soll.“
Vonseiten der Landespolizeidirektion Wien versteht man den Vorwurf der verstärkten Kontrollen nicht. Denn Probleme gebe vor allem bei nicht autorisierten Verkäufern, wie Sprecher Paul Eidenberger erklärt: „Leute, die einschlägige Zeitungen im Straßenverkauf anbieten, ohne dazu berechtigt zu sein, werden bei entsprechendem Verdacht angehalten. Es kommt sehr häufig vor, dass Unberechtigte diese Zeitungen anbieten oder sie als Mittel zu aufdringlicher Bettelei benützen. Und beides ist verboten.“
Für den Polizei-Sprecher geht es bei den Kontrollen sogar um den Schutz der Augustin-Verkäufer: „Die legitimierten Verkäufer, beispielsweise des Augustin, erleiden durch den Missbrauch einen reellen Verdienstentgang. Die Kontrolle dient also dazu, die echten Verkäufer zu schützen.“
Hilfsaktion
Augustin will nun Alarm schlagen. Dafür gibt es am kommenden Dienstag im Albert Schweitzer Haus im neunten Wiener Gemeindebezirk eine „Supporters-Konferenz“.
Dort soll, während einer Podiumsdiskussion, das Bewusstsein für das Projekt wieder verstärkt werden.