Front gegen Sicherungshaft wird größer
Auch Kardinal Schönborn warnt: „So weit darf es nicht kommen“
Innenminister Herbert Kickl hat seine Ankündigung wahr gemacht und vor dem Traiskirchner Flüchtlings-Erstaufnahmelager ein Schild mit der Aufschrift „Ausreisezentrum“(siehe Bild) angebracht.
In Nöten ist dafür sein Projekt für eine „Sicherungshaft für kriminelle Asylwerber“. An einem Gesetzestext arbeiten gerade Justizminister Josef Moser, Innenminister Herbert Kickl und Karoline Edtstadler, Staatssekretärin im Innenministerium. Wobei Moser bereits Zweifel angemeldet hat.
Diese sind durchaus angebracht, zumal die Regierung derzeit kaum eine Chance auf eine Verfassungs- mehrheit hat, die ein solcher Eingriff in die Grundrechte benötigen würde. Eine Verfassungsmehrheit geht derzeit nur mit dem Stimmen von SPÖ oder Neos. NeosChefin Beate Meinl-Reisinger hat jedoch bereits klargestellt: „Eine generelle Präventivhaft wird es mit uns niemals geben.“
Am Freitag wurde auch SPÖ-Chefin Pamela RendiWagner deutlich: „Was ich ablehne – und das habe ich von Anfang an gesagt – , ist eine generelle Präventivhaft. Hier ziehe ich eine rote Linie. Eine generelle Präventivhaft und jede Art von Maßnahme, die nicht den Menschenrechtsstandards entspricht, lehne ich entschieden ab und ist nicht verhandelbar.“Damit ist nicht nur die Bundesregierung gemeint, sondern wohl auch der neue SPÖ-Landeshauptmann im Burgenland, Hans Peter Doskozil. Dieser fiel zuletzt mit der Forderung nach einer Sicherungshaft für alle möglichen Gefährder auf.
Skepsis äußerte aber auch Bildungsminister Heinz Faßmann: Im einem Interview mit den OÖN sagte er, es sei moralisch „nicht richtig“, jemanden auf Verdacht einzusperren: „Haft auf Verdacht geht nicht.“Man müsse „sehr vorsichtig“sein, Grundrechte verfassungsrechtlich zu beschneiden. „Weil diese Grundrechte entsprechen letztlich der Idee des Menschen als freies Individuum. Diese zu beschneiden, dafür braucht es wirklich, wirklich gute Gründe.“
Schönborn wütend
Deutliche Worte fand am Freitag auch Kardinal Christoph Schönborn in dieser heiklen Frage. In der Zeitungskolumne eines Gratis-Blattes wandte er sich entschieden gegen die Pläne einer „Sicherungshaft“und warnt vor unabsehbaren Folgen für die grundrechtlich garantierte persönliche Freiheit. „Wenn wir uns einmal daran gewöhnen, dass Menschen im Vorhinein ‚vorsorglich‘ eingesperrt werden können, wohin führt das?“, fragte der Kardinal. „In allen Diktaturen der Welt werden Menschen aus bloßem Misstrauen in Haft genommen. Morgen könnte es auch dich und mich treffen. So weit darf es nicht kommen!“
Schließlich zeigte sich auch der Präsident der Rechtsanwaltskammer, Rupert Wolff, empört über die Regierungspläne. Er hält diese nicht nur für bedenklich aus rechtsstaatlicher und verfassungsrechtlicher Sicht, „sondern schlichtweg für brandgefährlich“. Wer so etwas 30 Jahre nach Ende des Totalitarismus in Europa fordere, benötige „schleunigst Nachhilfe in Geschichte“.