Wo man lernt, wie man Bier zerredet und selbst braut
Allein in der Ottakringer Brauerei haben im Vorjahr um die tausend Menschen Brauseminare besucht
Zehn Uhr morgens. Der Tag beginnt mit einem goldfarbenen Bier aus Belgien, das daherkommt, als wäre es gern ein Sekt geworden. Mit Korken. Es handelt sich um „Brüsseler Champagner“, genannt Geuze. Ein Starkbier, das nach Most riecht und sauer schmeckt. Mindestens haltbar bis 2037, was auch am hohen Alkoholgehalt liegt. Davon eine Flasche zum Frühstück und ich bin der Muttersprache verlustig, noch bevor ich einen einzigen gescheiten Satz über Bier sagen kann.
Ich sitze im Brauwerk der Ottakringer Brauerei, wo man neuerdings lernen kann, wie man Bier braut und trinkt – sprich verkostet. Letzteres geht im Wesentlichen wie beim Wein. Glas schwenken, reinschnüffeln, von einer Bananennote sprechen (passt bei Weizen so gut wie immer), die Farbe beschreiben und von der Feinporigkeit des Schaums schwärmen. Selbst für den Laien ist schnell klar: Bier ist nicht gleich Bier.
Hopfen in Pelletsform
Am Tisch sitzen Hobby-Brauer, die jetzt an diversen Sorten von Hopfenpellets schnüffeln. Diese gibt es auch für den Hausgebrauch, also in Kleinstmengen. Wie man aus ihnen Bier macht, lernt man in diversen Braukursen. Allein im Ottakringer Brauwerk haben im Vorjahr mehr als tausend Leute an solchen teilgenommen. „Drei Mal so viele wie noch vor drei Jahren“, sagt Brauwerk-Chef Mike Neureiter und kredenzt das nächste Glas. Sieht aus wie Cafe Crema, riecht wie Kakao, heißt Schnittenfahrt. Ein Brauwerk-Bier, bei dem 20 Prozent des Malzes durch Waffelbrösel von Manner ersetzt wurden. „Süffig“, sagt ein Teilnehmer und darf das (in Winzerkreisen macht man sich mit solchen Ausdrücken keine Freunde). Neben der Verkostung von zig Bieren brauen wir auch unser eigenes – mit Radicchio. Ein Salat-Bier also. Sehr experimentell, für große Mengen eher weniger geeignet. Aber genau darum geht es in der Kreativbier-Szene.