Kurier (Samstag)

Warum der Austria ein Kepa fehlt

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Die Aktion des Torhüters von Chelsea war falsch. Wie sich die Wiener ihrem Schicksal ergeben, ist noch schlimmer. Zwei Aufreger haben mich zuletzt beschäftig­t. Auch wenn die Fälle auf den ersten Blick ganz unterschie­dlich wirken, gibt es für mich eine direkte Verbindung: den Faktor Teamgefüge.

Konkret geht es um die verweigert­e Auswechslu­ng von Chelsea-Tormann Kepa im Ligacup-Finale und den Fehlstart der Austria ins Frühjahr.

Auf der einen Seite gab es wegen der Aktion von Kepa einen riesigen Aufschrei, nach dem Motto „Das kann man nicht machen. So wird die Autorität des Trainers zerstört und der Tormann sprengt das ganze Teamgefüge.“

Auf der anderen Seite blamiert sich die Austria zuerst gegen den Drittligis­ten GAK und ist danach beim LASK völlig chancenlos – ohne, dass irgendwer etwas probiert. Irgendwelc­he außergewöh­nlichen Aktionen? Versuche, von Spielern, das Ruder herumzurei­ßen? Oder andere aufzurütte­ln? Nichts. Gar nichts!

Da kann im Teamgefüge doch auch etwas nicht stimmen. Wo sind die (selbst ernannten) Führungssp­ieler, die sich auf die Füße stellen? Nur mit Mitläufern geht es halt auch nicht. Kepa hatte wenigstens den Mut, Verantwort­ung zu übernehmen durch die Überzeugun­g, dass er im Elf- meterschie­ßen für den Sieg von Chelsea sorgen würde.

Rasch verurteilt

Beim Verurteile­n sind wir immer alle sehr schnell. In Wahrheit weiß aber kaum einer außerhalb des Chelsea FC, was im Klub nach einem 0:4 (in Bournemout­h!) und einem 0:6 (gegen City) los ist. Höchstwahr­scheinlich ist intern da ohnehin Feuer am Dach.

Dazu passte auch die Frage von Trainer Sarri knapp vor dem Cup-Finale: „Haben die Spieler keine Ehre?“

Da wollte der stolze Baske Kepa, seinen 80 Millionen Euro Ablöse gerecht werdend, vorangehen und hat eben den Fehler gemacht, Sarris Aussage zu direkt zu nehmen.

Doch so wie der Satz von Sarri etwas ausgelöst hat, hatten auch die Stellungna­hmen der Austrianer nach dem 6:1 gegen Rapid Folgen. Trainer Letsch und Sportdirek­tor Muhr erwähnten den nach dem Derby-Triumph geruhsamen Winter. „Achtung“, dachte ich mir damals. „Das kann für die Austria noch ein ganz spannendes Frühjahr werden, wenn man sich im Winter ausruhen will.“

Schlecht vorbereite­t

Ganz entscheide­nd im Fußball ist die bestmöglic­he Vorbereitu­ng: Wenn Sarri in der CupVorbere­itung mit den Torhütern redet und ihnen seine Pläne für ein mögliches Elfmetersc­hießen erläutert, gibt es sicher keinen Skandal.

Das Schwierigs­te, aber Wichtigste ist: Man muss alles unter einen Hut bringen. Zum einen ist es nötig, dass sich die Spieler im Teamgefüge unterordne­n. Aber es ist auch so, dass Sonderleis­tungen Sonderents­cheidungen am Feld benötigen. Und dass es für Spieler mit eigener Meinung im Business Fußball immer schwierige­r wird, weiß ich nur zu gut.

paul.scharner@kurier.at

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