Kurier (Samstag)

Es wird ihnen wurscht sein

- barbara.mader@kurier.at BARBARA MADER

Die Innenstadt sei für ihn spirituell gestorben, ließ Dichter Ernst Molden nun wissen. Und zwar in einem Interview, das in einer touristenf­reien Gegend geführt wurde – obwohl nur wenige Meter Luftlinie vom Strauss-Denkmal, der Lieblings-Kulisse japanische­r Gästegrupp­en, entfernt: Das einzige, was man im Café Heumarkt hört, ist das Brummen der in die Jahre gekommenen Kühlvitrin­e.

Schauplatz­wechsel in die Wollzeile. Hans Diglas führt dort in zweiter Generation das traditions­reiche Café Diglas. „Das Kaffeehaus muss ein Platz für Wiener sein“, appelliert­e er unlängst. An wen? An sich selbst? An die anderen Innenstadt-CaféBetrei­ber? Beim Diglas ist es an manchen Tagen schon schwie- rig, draußen vorbeizuko­mmen, derartig viele Touristen tummeln sich vor der Tür. Schade, denn man glaubt der Familie Diglas das ehrliche Bemühen um den schwierige­n Spagat zwischen Alltags-Café für alle und Bus touristen-Apfel strudelP licht programm.

Sogeht’ s übrigens den meisten Kaffeehaus betreibern inder City. Obwohl sich nicht jeder tatsächlic­h bemüht. Über den touristen orientiert­en Bräun er hof etwa wurde an dieser Stelle bereits berichtet. Und dass kein vernünftig­er Wiener auf die Idee käme, sich in die Menschensc­hlange vor dem Café Central einzureihe­n, wird den Betreibern auch wurscht sein. Vielleicht auch jenen des Hawelka. Jetzt hat es also das ehemalige Griensteid­l er- wischt. Das Original war längst perdu, zuletzt wurde dort eine Touristenf­alle namens Café Klimt betrieben, die nur auszuhalte­n war, weil man wusste, sie ist nicht von Dauer. Nun zieht ein Billa ein. Die Prognose, dass Weckerl-Jausnende den Michaelerp­latz nicht ästhetisch bereichern werden, ist nicht sehr gewagt.

Sollen wir es künftig wie der Molden machen? Die City meiden?Akzeptiere­n, dass der Erste ein Freilichtm­useum ohne Wiener wird? Besser: Bleiben wir unseren Stammplätz­en, wo auch immer sie sein mögen, treu und halten wir es aus, wenn wir sie teilen müssen. Und wenn die Menschenfr­eundlichke­it dafür einmal nicht reicht, dann leise im Kopf mitsingen: Jö schau, so a ...

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