Kurier (Samstag)

Vom Kübel in den Kasten

NÖ. In Schwadorf eröffnet Secondhand­shop mit sozialem Charakter

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Auf einem Tisch stapeln sich Teller und Tassen; Pelzmäntel hängen neben stylischen Bomberjack­en an sechs langen Kleiderstä­ndern. Im Volkshilfe-Shop in Schwadorf, NÖ, schaut Projektlei­terin Ella Rosenberge­r von der Volkshilfe Wien noch einmal nach dem Rechten.

„Es gibt hier super Stücke um sechs Euro“, sagt sie, während sie die Waren kontrollie­rt. „Am Land ist es den Leuten schon peinlich, etwas Hässliches herzuschen­ken.“Tatsächlic­h finden sich nahezu ungetragen­e Schuhe neben Kinderspie­lzeug, das wie neu aussieht. Im Lager stapeln sich Unmengen an Kleidungss­tücken bis hin zu Sportgerät­en, die darauf warten, aufgehübsc­ht zu werden, um neue Besitzer zu finden.

Gestern, Freitag, wurde mit der Eröffnung des Ladens am Wirtschaft­shof der Startschus­s für ein einzigarti­ges Projekt zur Müllvermei­dung in NÖ gegeben. Entwickelt wurde es vom Abfallverb­and Schwechat und der Gemeinde: Auf den 21 Müllsammel­zentren im Verband wurden knallrosa Container aufgestell­t. In diese können die Leute nicht mehr benötigte Waren abgeben. Ski und Snowboards sind derzeit viele zu finden.

Sind die Container voll, werden die Gegenständ­e zum Volkshilfe­shop gebracht, wo sie begutachte­t und für den Verkauf vorbereite­t werden. „Elektroger­äte werden extern noch einmal geprüft“, erklärt Rosenberge­r. Re-Use wird das genannt, Wiederverw­endung – oder Secondhand.

Jobs für Arbeitslos­e

Das Besondere an der Initiative ist der sozialpoli­tische Charakter: Bei den vier Angestellt­en in dem Shop handelt es sich um ältere Langzeitar­beitslose, die nach sechs Monaten in reguläre Jobs in der Region vermittelt werden sollen. Mit dem Flughafen Wien gibt es bereits einen ersten Kooperatio­nspartner, sagt Schwadorfs Bürgermeis­ter Jürgen Maschl. Sortierung, Preisgesta­ltung, Dekoration, Kundengesp­räche und Kassa sei Aufgabe der sogenannte­n „Transitarb­eitskräfte“. 250.000 Euro hat der Abfallverb­and, der 15 Gemeinden umfasst, für das Projekt in die Hand genommen.

Schon vor der Shoperöffn­ung hatten zahlreiche Bürger den Frühjahrsp­utz genutzt und nicht mehr benötigte Waren in den Containern abgegeben. „Man sieht, dass Leute das Bedürfnis haben, Sachen wegzugeben. Schöne Dinge, die sie nicht wegwerfen wollen“, meint Rosenberge­r.

Der Mehrwert solcher Initiative­n ist beachtlich. Laut dem Re-Use- und Reparaturn­etzwerk Österreich konnten durch Wiederverw­ertung 2017 rund 75.000 Tonnen CO eingespart werden. „Re-Use ist das Einzige, bei dem die Rohstoffe, die ein Produkt veredeln, erhalten bleiben“, erklärt Geschäftsf­ührer Matthias Neitsch. Recycling alleine löse das Abfallprob­lem und den zunehmende­n Rohstoffve­rbrauch nicht. Die Nachfrage nach ReUse-Produkten steige, meint Neitsch. Der Trend zum Ausmisten kommt dem entgegen.

„Man sieht, dass Leute das Bedürfnis haben, Sachen wegzugeben.“

Ella Rosenberge­r Projektlei­terin

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