Grüner Rauch speit fette Beats
Kritik. Marterias Nebenprojekt Marsimoto im Wiener Gasometer
Damit man „wieder träumen kann“, hat Rapper Marteria 2006 sein Alter-Ego Marsimoto erfunden – diesen die Farbe Grün liebenden Außerirdischen mit Glitzer-Overall und Maske, der so gern kifft und auf sozial gefärbte, aber simple und humorvolle Parolen setzt. Während Marteria der versöhnliche, nachdenkliche Brückenbauer ist, darf „Marsi“der freakige, hedonistische, nicht immer politisch korrekte Krawallmacher sein.
Mit dem immerhin schon fünften Album „Verde“macht der Marsianer heute immer noch ordentlich Krawall. Auch beim Wien-Konzert Donnerstagabend vor 2.000 Fans im Gasometer: Schwere Beats, wuchtige Bässe und dichte, grüne Nebelschwaden bestimmen den Beginn der Show. Marsimoto rappt von der „Vespa Gang“, schwärmt von der „GoPro“Action-Kamera und schließt daran den Hit „Grüner Samt“an.
Anarchie
Härter und düsterer klingt das als auf den Alben. Und der als Marten Laciny geborene Rostocker verzichtet im Gasometer auch häufig auf die Stimmverfremdung, die auf Platte das Markenzeichen von Marsimoto ist. Ein erster Höhepunkt ist „Anarchie“. Das Licht schaltet auf Rot, die Stimmung auf heiß.
Danach flaut sie aber erstmal wieder ein wenig ab. Es gibt wieder Nebelschwaden, dann noch mehr Nebelschwaden. So, dass man auf der Bühne nichts mehr sieht. Bald auch nicht mehr das andere Ende der GasometerHalle.
Musikalisch mischen sich jetzt auch zarte Reggaeoder Industrial-Einflüsse in den Stil-Mix, der all das brillant mit Hip-Hop und Rock fusioniert. Die Raffinesse, die Marsimotos im Studio am Computer gebastelte Beats auf Platte auszeichnen, kann die aus Drummer, Gitarrist, Bassist und Keyboarder bestehende Band aber nicht ganz nachahmen – obwohl jeder der Musiker gelegentlich auch Sampler und Computer bedient.
Feuerzeug-Demo
Aber vermutlich wäre ein genaues Abbilden des Studiosounds im Konzert ohnehin kontraproduktiv. Denn jetzt sind es gerade die direkten Rhythmen und die Kraft der live gespielten Instrumente, die die Show langsam hypnotisch machen.
Ein weiterer Höhepunkt ist „Für Uwe“, bei dem Marsimoto für seinen besten Freund Feuerzeuge (nur ja keine kalten Handy-Lichter) fordert – und bekommt. Danach f liegt der 36-Jährige von einem Höhepunkt zum anderen. Ab„Indianer“, „Hol- lyweed“und „Green Granada“kann sich bis zum Ende keiner mehr demhemmungslosen Treiben entziehen.
Auch wenn Laciny Marsimoto damals erfunden hat, damit man träumen kann – heute steht sein Alien nicht mehr für Fantasien in anderen Welten, sondern für spaßige Action im Hier und Jetzt.