Kurier (Samstag)

INTERVIEW

- VON UTE BRÜHL

Keiner ist so alt wie Sebastian Kurz – zumindest, wenn man Stefan Verra glaubt. Der Mann begleitet seit Jahren Wahlkämpfe und analysiert die Körperspra­che der Politiker. Sieben von ihnen hat er ausgewählt und entzaubert sie in seinem Buch „Leithammel sind auch nur Menschen“.

Etwa Donald Trump, der den Zeigefinge­r als Waffe einsetzt, oder die IWF-Chefin Christine Lagarde, die ein „Chauvi im Chanel-Kostüm“sei. Ihr Landsmann Emmanuel Macron schaffe es , mit seinen Augenbraue­n seine Zuhörer in den Bann zu ziehen.

KURIER: Wie kommen Sie auf die Idee, dass Kurz „alt“ist? Stefan Verra:

Oberflächl­ich betrachtet ist er ein junger Mann, der für Veränderun­g steht. Seine Körperspra­che sagt aber etwas anderes: Seine Frequenz und seine Amplitude sind niedrig.

Amplitude, Frequenz. Das müssen Sie näher erklären.

Kinder reden mit ihrem Körper in einem hohen Tempo (also mit hoher Frequenz) und mit einem großen Umfang (Amplitude). Je älter wir werden, desto mehr reduzieren wir beides. Kurioserwe­ise hat Kurz die „älteste“Körpersach­e von den Personen, die ich porträtier­t habe. Er macht ganz kleine Bewegungen vor seinem Bauch – als ob er eine Salatschüs­sel schwingen würde. Er vermittelt den Wählern damit, dass er den Status quo beibehalte­n wird – ähnlich wie Angela Merkel.

Aber viele Menschen wollten vor seiner Wahl Veränderun­gen.

Sein Erfolg lässt sich nur im Tandem mit Heinz Christian Strache erklären. Wenn die Bevölkerun­g unruhig wird, zeigt sich das in einer exaltierte­n Körperspra­che. Sobald jemand wie Kurz in Umbruchsit­uationen ruhig agiert, denkendie Menschen: „Der hat nichts verstanden.“Anders Strache: Er hat eine hohe Frequenz und ausladende Bewegungen. Die Kombinatio­n von Ruhe bei Kurz und der Aufgeregth­eit bei Strache ist derzeit uneinholba­r, weil eine Bandbreite an Emotionen abgedeckt wird.

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