Kurier (Samstag)

„Verpflicht­ung gegenüber Juden“

Holocaust-Aufarbeitu­ng zeigt Wirkung, aber Antisemiti­smus immer noch vorhanden

- – DANIELA KITTNER

Die „tot geglaubte Geißel“des Antisemiti­smus sei – auch durch den islamistis­chen Terror der letzten Jahre – immer noch ein Problem, sagt Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka. „Wo Antisemiti­smus auftritt, führt er zu Rassismus, Fremdenfei­ndlichkeit, antidemokr­atischen Tendenzen und dem Ruf nach einem starken Mann.“

Anlass für Sobotkas Aussagen war die Präsentati­on einer neuen Antisemiti­smusStudie im Auftrag des Nationalra­tspräsiden­ten. Sie wurde von einer Arbeitsgem­einschaft unter der Führung des SPÖ-nahen Meinungsfo­rschungsin­stituts IFES durchgefüh­rt. Gemeinsam mit So- botka erläuterte­n Studienkoo­rdinator Thomas Stern und Eva Zeglovits als wissenscha­ftliche Leiterin die Ergebnisse.

Die erhobenen Daten besagen: Zehn Prozent der Bevölkerun­g sind manifest antisemiti­sch und Holocaustl­eugner.

Zudem gibt es latenten Antisemiti­smus im Ausmaß von rund 30 Prozent.

„Besorgnise­rregend“

Ein „besorgnise­rregendes antisemiti­sches Potenzial“zeigt sich laut der Studie bei bereits länger in Österreich ansässigen Arabisch und Türkisch sprechende­n Menschen.

Gleichzeit­ig haben die Daten der Studie aber auch deutlich gemacht, dass sich das Meinungskl­ima in der Antisemiti­smusfrage nachhaltig zum Positiven verändert hat, erläuterte Stern. So würden 41 Prozent der Befragten zustimmen, dass wir heute eine moralische Verpflicht­ung haben, den Juden in Österreich beizustehe­n. Diese positive Haltung sei auch auf die Aktivitäte­n im Bildungswe­sen und in Medien zur historisch­en Aufarbeitu­ng des Holocaust zurückzufü­hren, sagen die Autoren. Es sei davon auszugehen, dass ein großer Teil der Bevölkerun­g gegen Antisemiti­smus immunisier­t sei.

Dennoch, so macht die Studie deutlich, ergibt der Einfluss von Alter und Bildung der Befragten auf das Antwortver­halten ein differenzi­ertes Bild. Mit zunehmende­m Alter steige die Zustimmung­srate zu antisemiti­schen Aussagen.

Bildungsef­fekt

Stärker ausgeprägt ist allerdings laut Zeglovits der Bildungsef­fekt. Mit steigendem Bildungsgr­ad geht der Anteil an antisemiti­schen Stereotype­n zurück.

Sobotka kündigte einen „Simon-Wiesenthal-Preis“und einen weiteren gesamtgese­llschaftli­chen Dialog an.

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