„Verpflichtung gegenüber Juden“
Holocaust-Aufarbeitung zeigt Wirkung, aber Antisemitismus immer noch vorhanden
Die „tot geglaubte Geißel“des Antisemitismus sei – auch durch den islamistischen Terror der letzten Jahre – immer noch ein Problem, sagt Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka. „Wo Antisemitismus auftritt, führt er zu Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, antidemokratischen Tendenzen und dem Ruf nach einem starken Mann.“
Anlass für Sobotkas Aussagen war die Präsentation einer neuen AntisemitismusStudie im Auftrag des Nationalratspräsidenten. Sie wurde von einer Arbeitsgemeinschaft unter der Führung des SPÖ-nahen Meinungsforschungsinstituts IFES durchgeführt. Gemeinsam mit So- botka erläuterten Studienkoordinator Thomas Stern und Eva Zeglovits als wissenschaftliche Leiterin die Ergebnisse.
Die erhobenen Daten besagen: Zehn Prozent der Bevölkerung sind manifest antisemitisch und Holocaustleugner.
Zudem gibt es latenten Antisemitismus im Ausmaß von rund 30 Prozent.
„Besorgniserregend“
Ein „besorgniserregendes antisemitisches Potenzial“zeigt sich laut der Studie bei bereits länger in Österreich ansässigen Arabisch und Türkisch sprechenden Menschen.
Gleichzeitig haben die Daten der Studie aber auch deutlich gemacht, dass sich das Meinungsklima in der Antisemitismusfrage nachhaltig zum Positiven verändert hat, erläuterte Stern. So würden 41 Prozent der Befragten zustimmen, dass wir heute eine moralische Verpflichtung haben, den Juden in Österreich beizustehen. Diese positive Haltung sei auch auf die Aktivitäten im Bildungswesen und in Medien zur historischen Aufarbeitung des Holocaust zurückzuführen, sagen die Autoren. Es sei davon auszugehen, dass ein großer Teil der Bevölkerung gegen Antisemitismus immunisiert sei.
Dennoch, so macht die Studie deutlich, ergibt der Einfluss von Alter und Bildung der Befragten auf das Antwortverhalten ein differenziertes Bild. Mit zunehmendem Alter steige die Zustimmungsrate zu antisemitischen Aussagen.
Bildungseffekt
Stärker ausgeprägt ist allerdings laut Zeglovits der Bildungseffekt. Mit steigendem Bildungsgrad geht der Anteil an antisemitischen Stereotypen zurück.
Sobotka kündigte einen „Simon-Wiesenthal-Preis“und einen weiteren gesamtgesellschaftlichen Dialog an.