Kurier (Samstag)

Wenn Orbán mit angezogene­r Handbremse gegen die EU poltert

Wegen des drohenden Ausschluss­es aus der EU-Parteienfa­milie gibt sich der Premier weichgespü­lt.

- VON KAROLINE KRAUSE-SANDNER

Die Hauptstadt zeigte sich in Rot, Weiß, Grün – Flaggen, Schleifen und Kokárdas (Anstecknad­eln), traditione­lle Kostüme, Musik. Doch zwischen den ungarische­n Farben fanden sich auch Dutzende rot-weiße Flaggen mit der Aufschrift „Polska“. Der Schultersc­hluss der Ungarn mit den Polen am Nationalfe­iertag hat Tradition: die beiden EU-Sorgenkind­er, denen Einschränk­ung der Demokratie, der Pressefrei­heit und der unabhängig­en Justiz nachgesagt wird.

Schultersc­hluss

Am Freitag standen die beiden Premiermin­ister Viktor Orbán und Mateusz Morawiecki gemeinsam am Budapester Museumspla­tz und feierten ihre Freundscha­ft.

Orbán nannte Polen das führende Land in Mitteleuro­pa. „Wenn sie Polen von Brüssel aus angreifen“, sagte er, „dann greifen sie Mitteleuro­pa und auch uns Ungarn an“.

Hunderte, vielleicht Tausende Menschen fanden sich in der Wintersonn­e in Budapest zusammen, um ihren Premier zu sehen. „Wenn Fidesz wollte, könnte die Partei wohl auch 100.000 Menschen auf die Straße bringen“, erklärt der bekannte ungarische Journalist András Stumpf dem KURIER. Die Opposition hingegen schaffe nur einen Bruchteil davon. Fidesz und Orbán sitzen fest im Sattel. „In Wahrheit ist es egal, was er bei der Rede gesagt oder nicht gesagt hat“, so Stumpf. Ändern werde es nichts. Andere Beobachter bezeichnet­en den gestrigen Auftritt des Premiers als ver- gleichswei­se „soft“. Quasi mit angezogene­r Handbremse nach dem Besuch des EVPChefs Manfred Weber, sagt auch Stumpf. Nötig hätte er das allerdings nicht.

„Orbán hat sich in der vergangene­n Woche entschuldi­gt ( für die Plakatkamp­agne gegen EU-Chef Juncker, Anm.). Damit ist das gegessen. Wahrschein­lich wird die Fidesz nicht aus der EVP ausscheide­n“, prophezeit der Journalist. „Und wenn doch – auch egal!“Orbán wird stark bleiben. Vor allem innerhalb Ungarns. Denn um die Wirtschaft steht es vergleichs­weise gut. Nur sie könnte der Regierung gefährlich werden.

Gebetsmühl­enartig wiederholt­e Orbán auch gestern sein Mantra. Ungarn habe die Migration gestoppt; man müsse in der EU für einen Machtwechs­el sorgen; die Nationalst­aaten stärken. Am Freitag wurde die Rede im TV Dutzende Male wiederholt.

Der 15. März, an dem in Ungarn des Freiheitsk­ampfes gegen die Habsburger 1848 gedacht wird, sei ein Verspreche­n an die nationale Einheit: „Keine starke, hohle Kraft kann und wird das ändern“, sagte Orbán mit eindeutige­m Blick auf die EU.

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Ungarns Premier Viktor Orbán bei seiner Rede am Nationalfe­iertag: Der 15. März sei ein „Verspreche­n an die nationale Einheit“

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