Die Raserei wird eine echte Hetz
Formel 1. Nicht nur an der Spitze ist ab Sonntag Spannung garantiert. Fünf Gründe für eine packende Saison
Gewinnen ist doch nicht alles in der Formel 1. Das Tiefstapeln schmeckt manchen offenbar ähnlich gut wie der Siegeschampagner. „Kannsein, dass wir uns ein bisschen zurückgehalten haben“, feixte Mercedes-Teamchef Toto Wolff nach dem ersten Trainingstag der neuen Formel-1-Saison. Nachdem der Weltmeister-Rennstall als Außenseiter zum Grand Prix nach Melbourne gereist war (Qualifying heute, Samstag, 7 Uhr MEZ), distanzierte Titelverteidiger Lewis Hamilton amFreitag die Konkurrenz deutlich, allen voran Ferrari mit Herausforderer Sebastian Vettel.
Erst im Rennen zählt es. Die Wahrheit liegt auf der Strecke. Die WM ist lang. Schlimme Sätze. Auch, weil sie oft wahr sind. Zumindest über den ersten gelungenen Bluff der Saison darf sich Mercedes diebisch freuen. Zwar hat man den Gegnern noch keine WM-Punkte abgeknöpft, aber ihnen wohl ein bisschen Rückenwind genommen.
Doch nicht nur das WM-Duell der beiden großen Rivalen macht heuer Lust auf die Raserei.
! Red Bull Der österreichische Konzern gibt sich nie mit Titeln und Trophäen zufrieden, die PR-Experten aus Fuschl blicken am liebsten in die Rekordbücher. Den jüngsten Weltmeister wollen sie stellen. Das tun sie zwar ohnehin bereits mit Sebastian Vettel, der 2010 beim WM-Coup 23 Jahre und 134 Tage alt war. Aber warum nicht die eigene Marke biegen? Max Verstappen soll es richten. Und die Chancen des 21-jährigen Niederländers stehen gar nicht so schlecht. Die neue Partnerschaft mit Honda scheint zu funktionieren. „Vor Max haben sie Respekt“, glaubt sein Teamchef Christian Horner, „sie wissen, dass er nichts und niemanden fürchtet.“Offiziell hat Red Bull fünf Saisonsiege als Ziel ausgegeben – offiziell wohl zu wenig für die WM.
! Der Angriff der Jungen Der Generationswechsel ist voll im Gange. Vier Fahrer bestreiten ihre erste volle Saison: Lando Norris (McLaren), Antonio Giovinazzi (Alfa Romeo), Alexander Albon (Toro Rosso), George Russell (Williams). Acht Piloten, die im Gegensatz zu 2018 neue Arbeitgeber haben, garantieren zusätzlich Brisanz.
! Prinz Charles Der aufsehenerregendste Transfer war zweifelsfrei jener von Charles Leclerc zu Ferrari. Der 21 Jahre alte Monegasse ist der zweitjüngste Pilot in der Geschichte der Scuderia. Nur Ricardo Rodríguez (MEX) war 1961 mit 19 Jahren noch jünger. Dies zeigt bereits Leclercs Ausnahmestellung. Er dürfte auf lange Sicht Vettel das Leben in Maranello erschweren. „Ich fahre nicht Ferrari, um Vierter zu werden.“
! Kimi Räikkönen Der Finne hat mit Leclerc die Cockpits getauscht. Kein Mensch sorgt mit so wenigen Worten für so viel Gesprächsstoff wie der Alfa-RomeoStar. Erfüllt er seinen Zweijahresvertrag, überholt er Rubens Barrichello mit den meisten GP-Starts (322).
! Robert Kubica Nach einem Rallye-Unfall 2011 mussten Ärzte seine rechte Hand retten. Autogramme gibt der Pole seither dennoch mit links, auch das Lenkrad musste umgebaut werden. „Man sieht meine Limitierung. Es ist eine Herausforderung“, sagt der 34-jährige Williams-Pilot, den das Sensationscomeback einiges kostet: Der einfache Rennsieger wird jenes Geld zurückzahlen müssen, das er einst von der Versicherung für seine Invalidität erhalten hat.