Kurier (Samstag)

Fehler im Spital bleiben verborgen

Patienten erfahren wenig über Operateure und Abteilunge­n / Anzeige wegen zweiten Vorfalls in Graz

- VON ELISABETH HOLZER

Welcher Arzt operiert wie oft? Wer sind die Spezialist­en für Eingriffe an Leber, Niere oder Herz?

Legitime Fragen, die jedoch für die Allgemeinh­eit ohne Antworten bleiben. Patienten haben in Österreich kaum Möglichkei­t, sich darüber zu informiere­n, bedauert Gerald Bachinger, Sprecher der Patientena­nwälte: Die Suchmaschi­ne „Spitalskom­pass“spuckt solche detaillier­ten Daten nicht aus.

Das sei aber in anderen Staaten längst üblich, betont Bachinger. „Ich würde mich als Patient nicht in ein Spital legen, wenn ich weiß, dass dort eine Operation nur ein Mal im Jahr gemacht wird.“

Gesundheit­sministeri­n Beate Hartinger-Klein, FPÖ, fordert ebenfalls mehr Durchschau­barkeit. Patien- ten sollen die Frequenz gewisser Operatione­n sehen können, das Sichtbarma­chen liege aber bei den Bundesländ­ern als Spitalserh­alter.

Keine Daten

Gleicherma­ßen undurchsic­htig ist aber auch die Informatio­n über mögliche Kunstund Behandlung­sfehler. Transparen­te Daten dazugibt es nicht, doch dies zu fordern. ginge sogar Bachinger derzeit noch zu weit. „Da müssen wir andere Hausaufgab­en erledigen“, etwa Komplikati­onen an Abteilunge­n oder Infektions­raten an Abteilunge­n veröffentl­ichen.

Was bleibt, sind nur Studien aus den USA oder Deutschlan­d, die auf österreich­ische Verhältnis­se herunterge­brochen werden: „Behandlung­sfehler sind die dritthäufi­gste Todesursac­he in westlichen Gesellscha­f- ten“, beschreibt Bachinger. Was bei der Patientena­nwaltschaf­t lande, sei nur die „Spitze des Eisbergs“.

Drago Stelcers Tod ist so ein Fall. Der 60-Jährige starb 2016 nach einer Herztransp­lantation an der Grazer Klinik: Ihm wurde ein bei der Entnahme beschädigt­es Spenderorg­an eingesetzt: Das sei nur „mit mangelnder Fachkenntn­is“zu erklären, rügte ein Gutachter scharf.

Das ist nach einer Anzeige seiner Witwe bereits ein Rechtsfall. Die steirische Patientena­nwältin Renate Skledar hat aber noch einen weiteren brisanten Fall rund um mutmaßlich­e Fehler im Rahmen einer Herztransp­lantation. AmMontag wird sie eine Sachverhal­tsdarstell­ung einbringen. „Die Justiz soll sich das anschauen“, fordert Skledar. „Ich habe, was die Krankenans­taltengese­llschaft betrifft, kein Vertrauen mehr.“

Kritik am Kritiker

Deren Vorstand, Karlheinz Tscheliess­nigg, gab keine Stellungna­hme mehr ab. Seitens der Kommunikat­ionsabteil­ung der Spitalshol­ding KAGES wurde am Freitag nur noch lapidar auf ein Interview mit dem ORF verwiesen. Darin weist Tscheliess­nigg alle Vorwürfe zurück: „Fehlerhaft­es Verhalten ist nicht entstanden.“Überhaupt sei der kritische Gutachter kein „Spezialist für Herztransp­lantatione­n“. Dieser derart bekrittelt­e Experte leitet die Herzchirur­gie am LKH Salz- burg und hat rund 70 Herzen transplant­iert.

Patientena­nwalt Bachinger fordert , dass „in Graz keine Herztransp­lantatione­n mehr gemacht werden“. Dort werden pro Jahr bloß ein bis drei solcher Eingriffe vorgenomme­n, in Wien und Innsbruck Dutzende.

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Wer operiert wo am meisten? Patienten erfahren das nicht so leicht

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