Den Vereinigten Bühnen Wien fehlen tatsächlich Strategie und Auftrag
Trenklers Tratsch
Lange hat es gedauert. Denn bereits im Dezember 2017 stellte die ÖVP das Ansuchen, die Vereinigten Bühnen Wien (VBW) hinsichtlich Rahmenbedingungen, Zukunftskonzepten und Kenndaten zu prüfen. Nun aber veröffentlichte der Wiener Stadtrechnungshof seinen Bericht über den Untersuchungszeitraum 2010 bis 2017. Er fiel äußerst moderat aus – vielleicht auch deshalb, weil die wirklich brisanten Fragen von der ÖVP nicht gestellt worden sind.
Es erstaunt zumindest, dass die VBW zwar hoch subventioniert werden (mit etwa 42 Millionen Euro pro Jahr), ein „schriftliches Gesamtdokument über den kulturpolitischen Auftrag“aber fehlt. Mündlichen Angaben zufolge sei in der Sparte Oper (im Theater an der Wien) erstklassiges Musiktheater das Ziel. In der Sparte Musical (im Raimund Theater und Ronacher) werde besonderer Wert auf die Entwicklung neuer Stücke gelegt, die u.a. „zeitgemäße gesellschaftliche Themen“sowie „musikalische Trends“aufgreifen. Die Realität sieht anders aus: Das derzeit laufende Singspiel „I Am From Austria“besteht großteils aus jahrzehntealten Songs von Rainhard Fendrich; zudem wird wieder „Cats“(aus 1981) gespielt.
Vom einstigen Geschäftsführer Thomas Drozda (nun Bundesgeschäftsführer der SPÖ) wurden zwar Zukunftskonzepte erstellt und er bezahlte 78.000 Euro für eine Studie über diverse Szenarien; zu einer Entscheidung kam es aber nicht. „Deshalb wurde auch nicht – wie ursprünglich angekündigt – die Subvention signifikant reduziert.“Ein „über den Zeitraum nach 2017 hinausgehendes gesamthaftes Strategiepapier“wurde nie erstellt.
Die ÖVP – Stadtrat Markus Wölbitsch und Kultursprecher Fritz Aichinger – sieht sich daher in ihrer Kritik bestätigt: Die VBW seien „konzept- und ideenlos“. Kritik gab es auch von Thomas Weber ( Neos). Denn die Subventionen werden zwar vom Kulturamt gewährt, die VBW lassen es aber dumm sterben: Über die wirtschaftliche Situation wird quartalsweise nur das Finanzressort informiert, an das der Konzern organisatorisch (als Teil der Wien Holding) gebunden ist.
Bezüglich der Auslastung stellte der StRH fest, dass im Theater an der Wien die Zahl der Vorstellungen von 129 auf 101 – und damit auch jene der Besucher von 89.636 auf 67.386 sank. Im Musicalbereich gibt es keine eindeutige Tendenz. Der durchschnittliche Eigendeckungsgrad lag in der Oper bei 21,9 Prozent, im Musical bei 55,7 Prozent. Und jeder Besuch wurde mit durchschnittlich 255 Euro (Oper) bzw. 41 Euro (Musical) subventioniert.
Zur Frage, ob es sinnvoll sei, die von der Kapazität her fürs Musical zu kleinen Häuser Ronacher und Raimund Theater zu bespielen, äußerte sich der StRH nicht. Die Weiterführung sei eben eine kulturpolitische Frage. Laut VBW verursachen die historischen Gebäude Kosten von je drei Millionen Euro jährlich. Die Bitte des KURIER um eine Stellungnahme lehnte die parteifreie Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler ab.
Franz Patay hingegen, Geschäftsführer seit 2016, stand Rede und Antwort: Er argumentiert unter anderem mit den fulminanten Zahlen des Jahres 2018 (der Eigendeckungsgrad des Musicals lag bei sensationellen 70,1 Prozent) – und fühlt sich vom Bericht bestätigt. Denn der eingeschlagene Konsolidierungspfad bei den Personalaufwendungen wurde gewürdigt. Über ihn verlor der StRH übrigens auch einen Absatz: Die Entlohnung sei „höher als jene in vergleichbaren Einrichtungen (Staatsoper, Volksoper). Um wieviel, verschweigt man galant. Patay dürfte, mutmaßt Ihr Tratsch-Partner, auf 250.000 Euro kommen. (Das Interview mit ihm lesen Sie demnächst!)