Kurier (Samstag)

Neuseeland: Imam dankt für Kopftuch-Solidaritä­t nach Terror

Rocker bewachen Muslime, und Frauen tragen bei der Trauerfeie­r aus Anteilnahm­e Schleier.

- VON SUSANNE BOBEK

Die neuseeländ­ische Premiermin­isterin Jacinda Ardern hat sich wieder ein schwarzes Kopftuch um den Kopf geschlunge­n, und viele Hundert andere Neuseeländ­erinnen taten es am Freitag ebenfalls. Als Zeichen der Solidaritä­t mit ihren muslimisch­en Mitbürgern. In den sozialen Netzwerken wurde das Bild einer Kopftuch tragenden Polizistin geteilt und gefeiert. Die schwer bewaffnete junge Frau, die Wache stand, trug ebenfalls Kopftuch.

Dabei war die KopftuchAk­tion nicht unumstritt­en. Eine Woche nach dem Massaker in zwei Moscheen gedachte Neuseeland am Freitag mit zwei Trauerminu­ten der 50 Toten. Die zentrale Gedenkfeie­r fand in einem Park in der Nähe der Al-Nur-Moschee von Christchur­ch statt, der größten Stadt auf Neuseeland­s Südinsel. 5.000 Muslime hielten auf dem RugbyFeld ihr Freitagsge­bet ab. 15.000 Neuseeländ­er anderer Religionen waren gekommen, um ihre muslimisch­en Mitbürger zu unterstütz­en.

Wegen der Morde sitzt ein 28 Jahre alter Rassist und Rechtsextr­emist aus Australien in Untersuchu­ngshaft.

In einem Beitrag für die Press, die Lokalzeitu­ng in Christchur­ch, hatte eine anonyme muslimisch­e Autorin „billige Symbolpoli­tik“ange- prangert. Das sei sicher alles gut gemeint, schrieb sie, aber das Kopftuch sei nun einmal „kein Kostüm“.

VdB und das Kopftuch

Hierzuland­e erinnert man sich an die Aufregung um Bundespräs­ident Alexander van der Bellen (VdB), als 2017 bekannt geworden war, was er vor Studenten gesagt hatte: „Wenn das so weitergeht, bei dieser tatsächlic­h um sich greifenden Islamophob­ie, wird noch der Tag kommen, wo wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen. Alle, als Solidaritä­t gegenüber jenen, die es aus religiösen Gründen tun.“

In Christchur­ch beendet Imam Gamal Fouda die Diskussion, als er sich an die Premiermin­isterin wendet: „Danke für Ihre Worte und für Ihre Tränen. Danke dafür, dass Sie uns mit einem einfachen Tuch die Ehre erweisen.“Ardern tritt nur ganz kurz ans Mikrofon, sie sagt: „Neuseeland trauert mit euch. Wir sind eins.“

Diesen Geist des Zusammenha­lts demonstrie­rten prominente muslimisch­e Sportler, aber, noch überrasche­nder, die berüchtigt­e neuseeländ­ische Motorradun­d Straßengan­g „Mongrel Mob“mit angeblich besten Verbindung­en zum organisier­ten Verbrechen.

Kein „Sieg Heil“mehr

Die Männer in Lederkluft standen im Hagley-Park Wache und ihr Chef sagte in einem Interview, dass sich die Mitglieder künftig auch nicht mehr mit „Sieg Heil“grüßen wollen. Rocker und Muslime – eine neue Freundscha­ft bei den Kiwis.

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Viele Neuseeländ­erinnen legten bei der Gedenkfeie­r für 50 muslimisch­e Opfer eines rechtsextr­emen Terroriste­n ein Kopftuch an

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