UNTERWEGS, UM ZU ÜBERZEUGEN
Jane Goodall wird im April 85 Jahre alt. Was sie nicht davon abhält, 300 Tage im Jahr durch die Welt zu touren. Mit der Botschaft, dass man diese verändern kann.
Als Charles Darwins Evolutionstheorie nahelegte, dass der Mensch vom Affen abstamme (in Wahrheit handelt es sich nur um eine Art entfernter Cousins), waren seine Zeitgenossen schockiert. Wenn es schon nicht anders geht, soll die feine britische Gesellschaft sinngemäß gefleht haben, so gebe Gott, dass es wenigstens keiner merkt. Jane Goodall hat mit ihrer Forschungsarbeit dem Wissen um die Entwicklung des Menschen und seiner nächsten verwandten Primaten bahnbrechende neue Erkenntnisse hinzugefügt. Fast genau 100 Jahre nach Darwins Publikation der „Entstehung der Arten“gelang ihr, gleich im ersten Jahr ihrer Forschung im Gombe Stream Wildreservat in Tansania (das später den Status eines Nationalparks erhielt) eine sensationelle Beobachtung. Das Schimpansenmännchen, das sie David Greybeard nannte, nahm einen Zweig, streifte die störenden Blätter ab und fischte mit diesem selbst gefertigten Werkzeug Termiten aus dem Bau, um sie zu verspeisen. Diese Beobachtung stellte die bisher vorherrschende Definition vom Menschen als alleinigen Werkzeugmacher in Frage. Heute weiß man, dass wild lebende Schimpansen nicht nur ein breites Spektrum an Werkzeugen gebrauchen, son- dern auch in manchen anderen Verhaltensweisen dem Menschen ähnlich sind. Die von Jane Goodall 1960 gegründete Forschungsstation ist heute das Zentrum der längsten Freilandstudie der Welt, deren Ergebnisse das Verständnis der Beziehung zwischen Mensch und Tierreich grundlegend verändert haben. „Schimpansen sind dem Menschen so ähnlich“, sagt Jane Goodall, „dass sich die Linie verwischt, die früher so scharf gezogen wurde zwischen Mensch und Tier.“
Lebensraum retten
Nur in 1,2 Prozent unterscheidet sich die DNA von Schimpanse und Mensch. Doch während bei Letzterem die Population immer weiter anwächst, sind die wild lebenden Verwandten akut vom Aussterben bedroht. Wobei sie Gefahren ausgesetzt sind, die bei genauerem Hinsehen genauso den Menschen betreffen. So ist die Abholzung der Regenwälder zugleich auch Ursache für eine dramatische Klimaveränderung, den Rückgang der Artenvielfalt und die Zunahme der Armut in den Tropenländern. Doch das Geschäft mit den Tropenhölzern blüht weiter. Es geht zum Großteil nach China, aber auch europäische Holzunternehmen wetteifern in Zentral- und Westafrika um Abholzungskonzessionen. Ebenso trägt die Ausbeutung von Bodenschätzen massiv zur Ausrottung der Tiere und der Zerstörung des Ökosystems bei. Im Kongo geht es vor allem um das Mineral Coltan, das für die Produktion von Mobiltelefonen und PCs benötigt wird. Durch die damit verbundene Einschränkung ihres Lebensraums rücken die Schimpansen immer näher an besiedelte Gebiete heran. So infizieren sie sich auch mit menschlichen Viren oder geraten einfacher in die Fallen der „Bush Meat“-Jäger.
Jane Goodall Institute
„Ich habe in den Jahren in Gombe so viel von den Schimpansen gelernt“, begründet Jane Goodall ihr Engagement für die nächsten Verwandten des Menschen, „dass ich die Verantwortung habe, ihnen zu helfen.“Unterstützt von den
„Jane Goodall Instituten“, Non-ProfitOrganisationen, die es inzwischen in 33 Ländern gibt, werden in den Schwerpunktländern Tansania, Uganda, Kongo und Ruanda Schutzprogramme umgesetzt, für die es Unterstützer zu finden gilt. Das wirklich Zukunftsträchtige und Effiziente der auf „Hilfe zur Selbsthilfe“basierenden Projekte liegt in deren ganzheitlichem Ansatz. Gemeinsam mit der einheimischen Bevölkerung wird Regenwald wieder aufgeforstet, nachhaltige Landwirtschaft und ein sanfter Schimpansen-Tourismus betrieben und in die Ausbildung der lokalen Bevölkerung investiert. „Es ist das Wissen, auf das wir setzen müssen, wenn wir eine Veränderung zum Guten bewirken wollen“, sagt Jane Goodall, „durch Verbote wird man Menschen nicht überzeugen können, ihren Lebensstil zu ändern. Es ist auch gar nicht meine Art, so vorzugehen.“Sie will Überzeugungsarbeit leisten. Nicht nur in Afrika, sondern überall. Seit 1986 ist die bald 85-Jährige unermüdlich unterwegs, 300 Tage im Jahr. Mit Erfolg: „Die Bäume sind zurückgekommen, wo es schon kahl war und die Menschen sind unsere Partner geworden.“Sie fanden Jobs in der Aufforstung, in der Landwirtschaft und in Tourismusberufen. Goodall wird weitermachen. INGRID GREISENEGGER Information www.janegoodall.at