YouTuber Rezo setzt die Kanzlerpartei unter Druck
26-Jähriger kritisierte die CDU-Politik
Blaue Haare, Baseballkappe und Kapuzenpulli – ein 26Jähriger hat in Deutschland gerade geschafft, wovon viele Politiker träumen: Millionen junge Menschen haben sich ein 55-minütiges Politikvideo angesehen.
Rezo, so nennt er sich, stammt aus Aachen und ist in der YouTuber-Szene eine Art Star. Mehr als 1,5 Millionen Menschen haben ihn auf seinen sozialen Netzwerken abonniert, folgen seinen Beiträgen, die sich mal um Musik drehen, mal um veganes Eis oder Anmachsprüche.
Nun ging es in dem Video, das am Wochenende viral ging, aber nicht um lustiges YouTuber-Geplänkel. Nein, Rezo kritisiert darin vor allem die mangelnde Klimapolitik der Großen Koalition, ihre Bildungs- und Rüstungspolitik und macht auf die soziale Ungleichheit im Land aufmerksam („Die ärmsten 50 Prozent haben immer weniger Geld und die reichsten 10 Prozent immer mehr Geld“). Rezo berief sich auf Fakten, zitierte Studien, durchaus im frechen Ton.
Und wie reagierten CDUPolitiker darauf? Zuerst haben sie geschwiegen, dann herumgedruckst und schließlich geschimpft – Generalsekretär Paul Ziemiak nannte das Video „gefährlich“. CDUVorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer spottete, „warum wir nicht eigentlich auch noch verantwortlich sind für die sieben Plagen, die es damals in Ägypten gab“. Dafür gab’s viel Häme, weil es zehn Plagen waren und weil sie eine angekündigte Video-Antwort, die ein junger CDU-Politiker liefern sollte, zurückbeorderte.
Die CDU hat ein Problem
Die Debatte offenbarte jedenfalls ein Defizit: Die CDU tut sich schwer mit jungen Menschen, die sich nicht in ihrer eigenen Nachwuchsorganisation tummeln. Das zeigte sich in Umfragen zur Parteipräferenz von unter 18-Jährigen (13 Prozent pro CDU). Und bei den vergangenen großen Debatten auf der Straße: Junge Menschen demonstrierten gegen das Urheberrechtsgesetz und für mehr Klimaschutz. Zuerst nannte Parteichefin KrampKarrenbauer die Demonstranten „Schulschwänzer“, was beim konservativeren Teil wohlwollend ankam, erst nach Wochen ruderte sie zurück. Sie räumte politische Versäumnisse ein. Paul Ziemiak kündigte nach seiner Kritik an, Organisatoren der „Fridays for Future“-Demos zu einem Gespräch in die CDU-Zentrale einladen zu wollen.
Auch Rezo hat man nun nach einer Kehrtwende ins Adenauer-Haus eingeladen. Ob er kommen wird, ist ungewiss. Er hat inzwischen mit einem neuen Video nachgelegt. Darin ruft er auf, weder CDU/CSU, SPD noch AfD zu wählen. Am Ende findet sich eine Liste mit 70 Unterstützern, darunter die reichweitenstärksten YouTuber.