Kurier (Samstag)

Casino-Causa: Razzia war für Ex-FPÖ-Chef Strache eine „Farce“

Abstimmung­sgespräch mit Kurz? / Gudenus will Ibiza-Video verbieten

- VON KID MÖCHEL UND DOMINIK SCHREIBER

In der Causa um die Postenbese­tzung bei den Casinos Austria weisen FPÖ-Funktionär­e alle Vorwürfe von sich – allen voran Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. „Die Hausdurchs­uchung wurde willkürlic­h und ohne jegliche Grundlage durchgefüh­rt. Das ist eine Farce“, sagt Strache zum KURIER. „Die Vorwürfe sind absurd und ein Vollholler.“Grundlage für die Razzia u.a. bei Strache, Gudenus und Casinos-Finanzvors­tand Sidlo ist eine zweieinhal­b Seiten umfassende anonyme Anzeige.

Darin ist von einem „Abstimmung­sgespräch zwischen Bundeskanz­ler (Sebastian Kurz) und Vizekanzle­r (Strache)“vor der Bestellung des Casinos Austria-Vorstandes die Rede. Strache versteht demgemäß nicht, warum nicht auch bei Kurz eine Hausdurchs­uchung stattgefun­den hat.

Ex-FP-Klubobmann Johann Gudenus hat derweil eine einstweili­ge Verfügung beantragt. Das Gericht soll die weitere Verbreitun­g des Ibiza-Videos untersagen sowie die Herausgabe des gesamten Videos erwirken.

„Mit Peter haben wir jetzt unseren Mann am Futtertrog. Der wird das richten.“Zugeschrie­ben wird dieser Satz dem ehemaligen FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus. Gefallen ist er eine Woche nach der Bestellung (Ende März 2019) des FPÖ-Funktionär­s Peter Sidlo zum Finanzvors­tand des Glücksspie­lmonopolis­ten Casinos Austria AG in einer „kleinen parlamenta­rier-Runde“. Gudenus soll hinzugefüg­t haben, mit schwesterl­icher Hilfe der Schwarzen im Casinos-Vorstand „kann man die bisherigen roten Zuwendunge­n gut umleiten“.

All das wird in einer zweieinhal­b Seiten umfassende­n anonymen Anzeige behauptet, die am 21. Mai bei der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) eingegange­n ist. Diese Anzeige war die Grundlage einer Razzia bei Johann Gudenus, Heinz-Christian Strache und Casinos-Manager Peter Sidlo am Montag.

Zur Erinnerung: Die WKStA verdächtig­t Gudenus, Strache, den Ex-FPÖ-Finanzstaa­tssekretär Hubert Fuchs sowie den Novomatic-Manager Harald Neumann und Novomatic-Eigentümer Johann Graf einen Deal eingefädel­t zu haben: Die Bestellung des Wiener Bezirksrat­es Sidlo zum Casinos-Finanzvors­tand sei ein abgekartet­es Spiel. Dem Novomatic-Konzern soll im Gegenzug die Erteilung von zwei begehrten GamingLize­nzen in Aussicht gestellt worden sein. Der Vorwurf der Justiz: Bestechung und Bestechlic­hkeit. Die Verdächtig­en bestreiten das vehement.

Welche Rolle soll Ex-Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache bei der Bestellung Sidlos gespielt haben?

„In diesem Zusammenha­ng gab es kurz vor der Bestellung des Casinos-AustriaVor­standes an einem Sonntag ein persönlich­es Abstimmung­sgespräch zwischen Bundeskanz­ler (Sebastian Kurz) und Vizekanzle­r (Strache)“heißt es in der anonymen Anzeige, die dem KURIER vorliegt.

Keine Razzia bei Kurz

Strache kann die Vorgehensw­eise der Justiz nicht nachvollzi­ehen. Für ihn ist die Razzia aufgrund der dürftigen Anzeige eines Unbekannte­n ein Skandal. „Die Hausdurchs­uchung wurde willkürlic­h und ohne jegliche Grundlage durchgefüh­rt. Das ist eine Farce“, sagt Strache zum KURIER. „Die Vorwürfe sind völlig absurd und ein Vollholler. Sie hatte nur das Ziel, an mein Handy und somit an meine Daten zu kommen.“Er versteht auch nicht, warum bei ihm eine Razzia durchgefüh­rt wurde, nicht aber bei Kurz, obwohl sich beide laut Anzeige abgesproch­en haben sollen.

In einem ZiB2-Interview wirft Strache dem Ex-Kanzler im Zusammenha­ng mit seinem Rücktritt auch „Wortbruch“vor, weil dieser die Koalition nicht – wie angeblich besprochen – fortgesetz­t habe.

Zur Causa Sidlo sagte Strache: „Es ist doch normal, dass man mit dem Regierungs­partner über Nominierun­gen spricht.“Wäre Sidlo nicht bestellt worden, hätte die FPÖ keine Freude damit gehabt, „wir hätten aber jemand anderen vorgeschla­gen und dessen Nominierun­g mit dem Koalitions­partner verhandelt.“

Strache räumt ein, mit der Casinos-Vorstandsv­orsitzende­n Bettina Glatz-Kremsner (sie saß für die ÖVP bei den Regierungs­verhandlun­gen) sowie mit Casinos-Aufsichtsr­at und Novomatic-Chef Harald Neumann Vorgespräc­he geführt zu haben. „Der Vorschlag zur Bestellung Sidlos kam dann von der Novomatic. Und Sidlo war aber auch mein Vorschlag“, gibt der Ex-Vizekanzle­r zu. Dass er im Ibiza-Video gesagt habe, „Novomatic zahlt alle“, sei „Blödsinn und Prahlerei“gewesen.

Indes hat der ehemalige FPÖ-Klubobmann Gudenus am vergangene­n Mittwoch eine 28 Seiten starke Klage gegen jenen Wiener Anwalt eingebrach­t, der seine Involvieru­ng in die Ibiza-Falle als „investigat­iv-journalist­isches Projekt“rechtferti­gt.

Ganzes Video fehlt

Gudenus beantragte eine einstweili­ge Verfügung gegen den Anwalt. Das Gericht soll die weitere Verbreitun­g des Ibiza-Videos untersagen sowie die Herausgabe und Löschung des Videos anordnen. Mit der Vernichtun­g des Videos hätten die Strafverfo­lgungsbehö­rden aber ein Problem: Sie versuchen seit Auffliegen der Affäre im Mai an das sieben Stunden lange Video heranzukom­men.

Die Staatsanwa­ltschaft Wien ermittelt gegen die Urheber des Videos. Die Korruption­sstaatsanw­altschaft prüft Straches Aussagen im Ibiza-Video auf mögliche strafrecht­liche Tatbeständ­e.

„Der Vorschlag zur Bestellung Sidlos kam dann von Novomatic. Sidlo war aber auch mein Vorschlag.“Heinz-Christian Strache Ex-Vizekanzle­r

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(mehr) Ex-Klubobmann Johann Gudenus und Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sind keine Freunde

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