Der CO2 -Report
•WER DIE SÜNDER SIND •WIE TEUER TANKEN WIRD •WARUM EUROPA NICHT DAS PROBLEM IST
Die gute Nachricht vorweg: Im Jahr 2018 dürfte der Ausstoß an Treibhausgasen in Österreich erstmals wieder gesunken sein. Das legen Hochrechnungen nahe. Die schlechte Nachricht: Die Emissionen sind immer noch viel zu hoch.
Österreich schneidet bei den Treibhausgas-Emissionen
(siehe Definition rechts) konsequent schlechter ab als der EUDurchschnitt. Seit 1990 sind sie um 4,6 Prozent gestiegen – auf einen Rekordwert von 82,3 Millionen Tonnen im Jahr 2017. Pro Kopf werden in Österreich 9,6 Tonnen an Treibhausgasen pro Jahr emittiert. Der EU-Schnitt liegt bei 8,8 Tonnen. Größtes Sorgenkind in Österreich: der Verkehr.
Bis 2030, darauf hat man sich in der EU geeinigt, muss dieser Wert drastisch gesenkt werden. Österreich muss seine Emissionen in jenen Bereichen, die nicht vom Emissionshandel (dieser reguliert vor allem Industriesektor und Energiegewinnung, siehe rechts) erfasst sind, um 36 Prozent gegenüber dem Ausgangsjahr 2005 senken. Das Ziel ist aus heutiger Sicht in weiter Ferne. Vor diesem Hintergrund läuft auch die aktuelle Debatte über eine CO -Steuer. Politisch 2 ist die Steuer, gerade vor der anstehenden Wahl, heftig umstritten. Wie aber konkret könnte eine CO -Steuer aussehen? Und 2 welche Auswirkungen hätte sie? Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) hat beispielhaft drei Szenarien durchgerechnet. Sie orientieren sich unter anderem an bestehenden Modellen; ein Vorbild ist etwa Schweden, das bei den Pro-Kopf-Emissionen mit nur 5,5 Tonnen in der EU auf dem zweitbesten Platz liegt.
Drei Modelle
In den Szenarien würde die CO -Steuer sowohl für Privat2 personen als auch für Unternehmen gelten – und zwar für all jene Bereiche, die nicht schon durch den Emissionshandel reguliert sind. Eingehoben würde sie auf kohlenstoffhaltige Produkte – also auf Treibstoffe
(Benzin, Diesel) und Heizstoffe (Gas, Heizöl, Kohle). Der Steuersatz legt fest, wie hoch der Geldbetrag ist, der pro Tonne CO (die bei der Verbrennung 2
des Stoffs entsteht) zu zahlen ist. Die Steuer würde also direkt beim Tanken oder aber mit der Heizrechnung eingehoben.
Errechnet hat das WIFO eine Variante mit „niedriger“Steuer in Höhe von 60 Euro pro Tonne CO – bei ansonsten 2 gleichbleibender Besteuerung der Energieträger.
Bei der zweiten, „mittleren“Variante würden zusätzlich zur CO -Steuer in der Hö2 he von nun 120 Euro die übrigen Steuern auf Energieträger nach oben angepasst wurden. Soll etwa heißen: Das Dieselprivileg, das den Treibstoff bei der Mineralölsteuer gegenüber Benzin begünstigt, würde in diesem Beispiel fallen.
In der Variante mit „hoher“CO -Steuer würden alle sonsti2 gen Steuern auf die Energieträger fallen. Dafür werden alle Treib- und Heizstoffe gleich hoch besteuert: und zwar mit 315 Euro pro Tonne CO . Der 2 Umwelt, so der Gedanke, sei es (salopp formuliert) schließlich egal, aus welchem Energieträger das CO entstehe. 2
Zur Einordnung: Ein Liter Benzin erzeugt bei seiner Verbrennung rund 2,37 Kilo CO . 2 Bei „niedriger“Besteuerung würde ein Liter Benzin um 15,4 Cent teurer, ein Liter Diesel um 16,8 Cent. In den beiden anderen Varianten steigt der Benzinpreis um 30,7 Cent pro Liter, der Diesel-Preis um 47,2 Cent pro Liter.
Das Ergebnis: Bei hoher Besteuerung können die Emissionen bereits kurzfristig um zehn Prozent gesenkt werden. Bei mittelhoher Besteuerung sind es sieben Prozent, bei niedriger Besteuerung noch vier Prozent weniger. Mittel- und langfristig wären die Effekte noch höher, sagt die WIFO-Forscherin Claudia Kettner zum KURIER: „Wenn die Menschen durch thermische Sanierung die Gebäudequalität verbessern und die Energieträger – hin zu erneuerbarer Energie – wechseln, werden die Effekte noch größer. Das dauert aber, und dafür müssen die Rahmenbedingungen angepasst werden.“
Zu raschen Einsparungen komme es, so die Berechnungen, nicht bei den privaten Haushalten – sondern vor allem bei Güterverkehr und bei Dienstleistungen: Bei hoher Besteuerung sinken die Emissionen hier sofort um bis zu 14 Prozent bzw. 19 Prozent.
Was aber ist mit der Befürchtung, dass die Steuer Einkommensschwache hart trifft?
„Die CO2 -Steuer darf keine zusätzliche Steuer sein. Die Einnahmen müssen zurückfließen.“Claudia Kettner Wirtschafts- und Umweltexpertin
Immerhin geben sie einen hohen Anteil am verfügbaren Einkommen für Energie aus. „Die CO -Steuer darf keine zu2 sätzliche Steuer sein“, so Kettner. „Es geht um einen Umbau des Steuersystems. Nicht um eine Steuererhöhung.“
Ärmere entlasten
Im Klartext: Es müsse dem Staat bei der Steuer darum gehen, die Umweltbelastung zu reduzieren, indem er fossile Brennstoffe teuer und unattraktiv macht. Und nicht darum, mehr Einnahmen zu lukrieren. „Die Steuereinnahmen müssten an die Betroffenen zurückfließen.“Etwa durch den viel zitierten Öko-Bonus für Private und niedrigere Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung für Firmen.
Den Öko-Bonus – ein Pauschalbetrag, der für alle Empfänger gleich hoch ist – hat die WIFO-Forscherin durchgerechnet: Wenn der Staat die Einnahmen aus der Steuer an alle zurückzahlt, hätte dies sogar positive Effekte auf die unteren Bevölkerungsgruppen.
Ein Rechenbeispiel: Hohe CO -Steuern würden das ein2 kommensschwächste Fünftel der Österreicher zwar bis zu 3,2 Prozent ihres verfügbaren Einkommens kosten. Der ÖkoBonus würde dies aber „überkompensieren“, sagt Kettner.
Nach Auszahlung des Bonus bliebe dieser Gruppe sogar geringfügig (rund 0,6 Prozent) mehr an verfügbarem Einkommen. Auf alle anderen Gruppen sind die Auswirkungen noch geringer. Auf Beschäftigung und BIP-Wachstum hat die CO -Steuer in den Sze2 narien keine Auswirkung.
Um die Klimaziele zu errechnen, bräuchte es ein „Maßnahmenbündel“, sagt Kettner. Etwa Investitionen in die Öffis und neue Ideen bei der Raumplanung. Ob das Privatauto noch Zukunft hat, lesen Sie in unserer Sonntag-Ausgabe.