Kurier (Samstag)

Grenzgänge­r Usain Bolt

Vor zehn Jahren lief der Sprinter zum Rekord. Danach war er Kicker.

- VON HARALD OTTAWA

Vor zehn Jahren wurde Geschichte geschriebe­n: Am 16. August 2009 lief Usain Bolt die 100 Meter in einer Fabelzeit von 9,58 Sekunden. Der Weltrekord, mit dem er in Berlin Weltmeiste­r wurde, hält noch immer. Der achtfache Olympiasie­ger wollte nach seiner Karriere die Laufschuhe gegen Stoppelsch­uhe eintausche­n, fiel aber als Kicker in Australien durch. „Bei aller Liebe, das reicht in 100 Jahren nicht“, sagte Markus Babbel, ehemaliger deutscher Teamspiele­r und nun Trainer in Australien. Bolt ist nicht der einzige Fremdgänge­r, viele versuchten sich in anderen Sportarten – manche sogar erfolgreic­h.

· Therese Johaug: Der norwegisch­e Langlauf-Star gewann in 32:20,86 Minuten überlegen die norwegisch­en Meistersch­aften über 10.000 Meter. Nur 16 Europäerin­nen liefen heuer schneller als die zehnfache Weltmeiste­rin, die sich nun bei der Leichtathl­etik-WM präsentier­en will.

· Luc Alphand: Geschwindi­gkeit war der Trumpf im Leben des Franzosen. In den Neunzigerj­ahren holte er WMBronze in der Abfahrt in der Sierra Nevada und 1996/’97 auch den Gesamtwelt­cup. Danach tauschte der heute 54Jährige die Brett’ln gegen Räder – er gewann 2006 die Rallye Dakar, startete mehrmals bei den 24 Stunden von Le Mans und versuchte sich auch als Hochseeseg­ler. · Bixente Lizarazu: Der Franzose gewann als Fußballer fast alles: Champions League, Meistersch­aft und DFB-Pokal mit Bayern, er wurde Weltund Europameis­ter mit Frankreich. Nachdem er seine Fußballsch­uhe an den Nagel gehängt hat, packte er den Kampfanzug aus – und wurde Europameis­ter im Jiu-Jitsu. · Michael Jordan: Air Jordan gilt als der größte Basketball­Star der Welt. Sechs Mal gewann er mit den Chicago Bulls die NBA. Diese Karriere unterbrach er, um Baseball zu spielen – mit mäßigem Erfolg.

· Ester Ledecka: Sie ist das größte Allround-Genie im Winterspor­t. Höhepunkt: 2018 holte die Tschechin in Pyeongchan­g Olympia-Gold im alpinen Super-G und im Parallel-Riesentorl­auf bei den Snowboarde­rn.

· Andrej Schewtsche­nko: Der Stürmer war einer der besten ukrainisch­en Kicker, für Chelsea und Milan traf er nach Belieben. Danach nahm er kleinere Bälle und wurde Zweiter bei den ukrainisch­en GolfMeiste­rschaften.

· Franz Klammer: Aus Klammer wurde Kaiser Franz, als er sich 1976 in Innsbruck Olympia-Gold in der Abfahrt sicherte. Danach blieb der

Kärntner der Raserei treu – er wurde österreich­ischer Tourenwage­n-Meister und verbuchte Siege bei der Tourenwage­n-Europameis­terschaft.

· Daniela Iraschko: Bevor die Tirolerin als Skisprung-Weltmeiste­rin abhob, schmiss sie sich als Torfrau erfolgreic­h auf die Rasenplätz­e: drei Mal Vizemeiste­rin mit Wacker.

· Lolo Jones: Die Amerikaner­in war eine der besten Hürdenspri­nterinnen, danach versuchte sie sich als BobStar. 2013 wurde sie in St. Moritz mit den USA Weltmeiste­rin. Sie steht stellvertr­etend für viele Sportler, die den Weg vom Sprinter zum Anschieber von Bobs fanden.

· Ivan Perisic: „Der kroatische Star-Kicker wird profession­eller Beachvolle­yballer“, so lautete Ende Juni 2017 eine Schlagzeil­e. Doch der kroatische Stürmer ging nur kurz fremd: Mit Niksa Dell’Orco baggerte er beim Major in Porec. Jetzt tauschte der 30-Jährige den Fußball-Dress, er wurde von Inter Mailand zu den Bayern verliehen.

· Paolo Maldini: Der Weltmeiste­r und Champions-LeagueSieg­er prügelte nach der Fußball-Karriere auf Tennisbäll­e ein. Sein Tennis-Trainer Stefano Landonio lobte die AC-Milan-Legende: „Er hat einen guten Aufschlag und ist mental und physisch sehr stark.“

· Tim Wiese: Nachdem der Deutsche bei Hoffenheim als Torwart nicht mehr zum Einsatz kam, suchte sich der ehemalige Werder-Keeper eine neue Beschäftig­ung und nahm ein Angebot von World Wrestling Entertainm­ent an. Er fiel aber auf die Schnauze.

· Sven Hannawald: Der Deutsche ist auf den Sprungscha­nzen abgehoben: Als erster Athlet gewann er 2002 alle Konkurrenz­en der Vierschan-zentournee, dazu einmal Olympia- und zwei Mal WMGold. Danach setzte er sich ins Auto und holte Spitzenplä­tze im ADAC GT Masters.

· Eric Heiden: Sein Stern ging 1980 auf, als die Eisschnell­lauf-Legende in Lake Placid fünf Mal Gold holte. Auf zwei Rädern lief es nicht ganz so gut wie auf zwei Kufen, aber immerhin wurde er 1985 USMeister im Straßenren­nen und radelte auch bei der Tour de France mit. ·

Toni Fritsch: 1965 bekam der 2005 verstorben­e Wiener den Namen „Wembley-Toni“verliehen, als er beim 3:2Sieg der Österreich­er in England (ein Jahr später Weltmeiste­r) zwei Tore erzielte. Danach wurde Fritsch als Super-Bowl-Sieger auch zur Legende im American Football. Denselben Weg schlug mit ähnlichem Erfolg Toni Linhart ein. Und auch Thomas Pichlmann folgte noch.

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Top und Flop: Als Sprinter lief er nicht nur vor zehn Jahren in Berlin der Konkurrenz auf und davon und in die Rekordbüch­er – als Fußballer (rechts) war Usain Bolt schnell als Anti-Talent entlarvt
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