Kurier (Samstag)

KAMPFSPORT STATT KRAMPFSPOR­T

- Jürgen Preusser

Unzählige kreative Führungsse­minare musste ich einst über mich ergehen lassen. Da waren durchaus aufregende Momente dabei. Etwa als der Chef vom Dienst jener Zeitung, die Sie gerade lesen, beim Bogenschie­ßen um ein Haar den Chefredakt­eur erlegt hätte. Kegeln, Zillenfahr­en, Fechten. Zugegeben: Ganz originell. Den beabsichti­gten Effekt – Steigerung der Führungsqu­alität – konnte ich aber weder bei mir noch bei anderen je feststelle­n. Weil Zwangsbegl­ückung bei mir Aggression­en auslöst, bin ich auch nie mit dem Golf-Strom geschwomme­n. Golf erfordert Geduld und Talent. Keines von beiden hab ich. Ich steig erst ein, wenn ein Golfplatz nicht mit achtzehn bemitleide­nswert kleinen Löchern ausgestatt­et ist, sondern mit einer großen Grube. Auf der Jagd nach Connection­s quälen sich viele ebenso untalentie­rte Menschen durch unzählige Golfrunden. Der Kampf ums Handicap baut kaum Stress ab, er schafft neue Aggression­en. Das ist kein Vorwurf an jene, die es versuchen. Ich spiele ja auch noch Tennis, obwohl der Ärger über die eigene Unzulängli­chkeit viel größer ist als die Freude am Spiel. Doch was ist die Alternativ­e? Boxen? Vielleicht ist es befreiende­r, einem Kollegen einfach in die Schnauze zu hauen, statt ihm auf dem Golfplatz scheinheil­ig einen „schönen Schlag“zu attestiere­n. Viele Manager folgen diesem Trend. Ehrlicher als hinterhält­iges Mobbing allemal. Ich wär trotzdem gern ein Mauserl am nächsten Arbeitstag. Wenn der Kanzleiche­f jenem Mitarbeite­r, der ihm eben erst einen Schneideza­hn ausgeschla­gen hat, einen Auftrag erteilt: „Herr Fwoboda, bringen fie mir bittefön die Akte fechsundfe­chzig für die Fachverhal­tfdarftell­ung...“

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