Drei Kinder flüchteten aus isolierter Familie
Brief der Familie bestätigt die Rolle des Vaters
Holland. Angehörige des verhafteten Vaters, der mit dem Österreicher Josef B. seine sechs Kinder neun Jahre auf einem abgeschiedenen Bauernhof isolierte, bestätigen diese mysteriöse Geschichte. Der heute 67-Jährige brach den Kontakt zu seinen Eltern und Geschwistern früh ab. Seine drei ältesten Kinder flüchteten gerade noch rechtzeitig zu Verwandten. Jetzt bitten sie um Privatsphäre und hoffen, dass ihre jüngeren Geschwister das Erlebte irgendwie verarbeiten können. Obwohl sie nie eine Schule besucht haben, können die vier Mädchen und zwei Burschen lesen und schreiben. Sie durften nur hin und wieder in den Garten und waren die meiste Zeit im Haus – in einer anderen Welt.
Familienmitglieder des kranken Vaters Gerrit-Jan van D. (67) haben eine Erklärung veröffentlicht: Drei seiner insgesamt neun Kinder (Shin, Edino und Marianne, 29) seien kurz vor dem Verschwinden des Vaters zu ihren Verwandten geflohen. Seitdem wussten sie nicht, was aus dem damals noch gesunden Vater und ihren sechs Geschwistern wurde.
Als Gerrit-Jans Mutter 2017 starb, also die Großmutter der Kinder, sollen die Behörden versucht haben, den Aufenthaltsort des Sohnes zu ermitteln, was nicht gelang.
In dem Brief bringt die Familie die Hoffnung zum Ausdruck, dass den verschwundenen Kindern jetzt geholfen wird. Der Vater von Gerrit-Jan van D., ein bekannter Schriftsteller in Holland, sei dement, lebe in einer geschlossenen Einrichtung und würde nichts mehr von dem Drama in seiner Familie mitbekommen.
Unterschrieben wurde die Erklärung von „Brüdern, Schwestern und einem Sohn“von Gerrit-Jan van D.
Die Polizei geht nicht davon aus, dass die sechs Kinder, vier Schwestern und zwei Brüder im Alter von 18 bis 25 Jahren, freiwillig neun Jahre lang in dem Bauernhof gelebt haben. Sie seien jetzt an einem sicheren Ort und werden von Psychologen und Therapeuten betreut.
Nach der Festnahme des Vaters am Donnerstag konzentrieren sich die Ermittlungen nun auf das Motiv. Der Mann sei ansprechbar, und auch mit den Kindern könne man kommunizieren, sagte ein Sprecher der Polizei am Freitag. Gerrit-Jan van D. wird ebenso wie der 58-jährige Österreicher Josef B. der Freiheitsberaubung und weiterer Delikte verdächtigt. Geburten nicht registriert Die Kinder hätten sehr heftig auf die Festnahme des Vaters reagiert. „Dass sie nicht unbedingt dasselbe Verhalten zeigten wie wir, ist deutlich“, sagte Janny Knol, eine Polizeisprecherin im niederländischen Fernsehen.
Die Kinder sind nicht im Geburtenregister registriert und haben keine Schule besucht. Sie können aber lesen und schreiben und sprechen alle niederländisch. Sie haben neun Jahre in einem abgeschlossenen, isolierten Raum mit mehreren Kammern gehaust, sagte die Polizeisprecherin. Nur ab und zu seien sie im Garten gewesen, hätten das Gelände aber nie verlassen. Bis auf den 25-Jährigen, der schließlich am Montag im Gasthaus um Hilfe bat.
Der Vater wird auch der Misshandlung verdächtigt, da er den Kindern wahrscheinlich ärztliche Versorgung vorenthalten habe. Außerdem wird wegen des Verdachts der Geldwäsche ermittelt. Im Haus wurde eine große Summe Bargeld gefunden.
Nach der Durchsuchung des Hofes, die weiter andauert, und Vernehmungen schließt die Polizei nicht aus, dass die Hintergründe in einer Art Sekte liegen könnten. Es werde untersucht, ob „eine bestimmte Lebens- oder Glaubensüberzeugung“zu der Lebenssituation der Jugendlichen geführt habe.
Der Vater war Mitglied der Vereinigungskirche des selbst ernannten und bereits verstorbenen koreanischen „Messias Sun Myung Moon“.