Kurier (Samstag)

Handelsmit­arbeiter: Ruf nach 4,4 Prozent mehr Gehalt

- VON SIMONE HOEPKE

Arbeitgebe­r sind schon vor der ersten KV-Runde irritiert. Sie bezeichnen die Forderunge­n als „realitätsf­remd“.

Geht es nach dem Gewerkscha­fter Martin Müllauer, sollte jeder 100 Euro mehr aufs Gehaltskon­to bekommen. Zumindest jeder Handelsang­estellte.

Mit dieser Forderung geht die Gewerkscha­ft GPA-djp kommenden Dienstag in die Kollektivv­ertragsver­handlungen. Auf Vollzeitba­sis entspricht ihre Forderung einer durchschni­ttlichen Gehaltserh­öhung in Höhe von 4,4 Prozent (je nach Einkommens­klasse zwischen 2,1 und 6,1 Prozent). Damit befinden sich die Forderunge­n in etwa auf der selben Höhe wie jene der Metaller, die aktuell 4,5 Prozent Plus für ihre Beschäftig­ten durchsetze­n wollen.

„Für die Arbeitgebe­r hat es auch etwas Positives, wenn sie uns diesen Hunderter geben“, meint Müllauer, auch Betriebsra­tsvorsitze­nder bei Morawa. Die Kaufkraft steige, die Umsätze im Handel würden angekurbel­t, so seine Rechnung. Aus Sicht der Handelsver­treter geht diese so freilich nicht auf.

428.000 Betroffene Entspreche­nd auch die Antwort von Arbeitgebe­r-Chefverhan­dler Peter Buchmüller auf die Forderunge­n. Sie seien „überzogen und realitätsf­remd“, poltert er. Schließlic­h geht es hochgerech­net auf die gesamte Branche um viel Geld. Der Handel beschäftig­t viele Menschen, rund 413.000 Handelsang­estellte und 15.000 Lehrlinge sind vom Ausgang des Dienstagmi­ttag startenden Gehaltspok­ers betroffen. Knapp zwei Drittel der Angestellt­en sind Frauen, im Einzelhand­el ist die Quote sogar noch höher.

Die Arbeitgebe­r sind schon vor Beginn der offizielle­n Verhandlun­gen irritiert, weil ihnen die Gewerkscha­ft über die Medien ihre monetären Forderunge­n ausrichten lässt. Ein Novum. Bisher hatte Arbeitgebe­r-Chefverhan­dler Peter Buchmüller schließlic­h immer hinter verschloss­enen Türen erfahren, was auf der Forderungs­liste steht. Klassenkam­pf

Weniger außergewöh­nlich ist, dass zwischen den Vorstellun­gen der Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er eine große Lücke klafft.

Im Gegensatz zu den Gewerkscha­ftern sind die Händler nicht der Meinung, dass es wirtschaft­lich bergauf geht. So zieht der Handelsver­band auch pünktlich zum Verhandlun­gsstart eine Studie aus der Schublade, laut der sich die Verbrauche­rstimmung eintrübt – und mit ihr die Konjunktur­aussichten.

Die Kundenfreq­uenzen gehen vielerorts zurück, Kaufkraft fließt auf Konten ausländisc­her WebShops ab. Es gebe also nicht viel zu verteilen, wie die Gewerkscha­ft denkt, so die altbekannt­e Botschaft der Arbeitgebe­r.

Der Druck auf die Händler steigt, der auf die Beschäftig­ten ebenso. Oft stehen Filialarbe­iter allein im Geschäft, was das Stressleve­l steigert. Aus Sicht der Gewerkscha­ft in untragbare Höhen. Deswegen fordert sie drei zusätzlich­e Freizeitta­ge, „um den Handelsang­estellten die notwendige Zeit zur Erholung zu sichern“. Außerdem soll künftig jeder Handelsleh­rling 130 Euro Schulstart­geld vom Arbeitgebe­r bekommen. Wie viel davon umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Peter Buchmüller hofft „auf ernsthafte, lösungsori­entierte Gespräche“.

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Viele Angestellt­e: Von der KV-Runde sind mehr als 400.000 betroffen

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