Kurier (Samstag)

Yes Ski Can

Mikaela Shiffrin. Die 24-Jährige ist der letzte Star im Weltcup – und ein echter Segen für den Skisport

- VON CHRISTOPH GEILER

Als ein skandinavi­sches Unternehme­n vor einigen Monaten 80 Kinder und Jugendlich­e nach ihrem erklärten Liebling unter den Skifahrern befragen ließ, fiel die Antwort eindeutig aus: Ohne Ausnahme nannten alle den Namen Mikaela Shiffrin.

Der österreich­ische Rekordmann Marcel Hischer, der bayrische Schmähbrud­er Felix Neureuther, der norwegisch­e Sympathiet­räger Aksel Lund Svindal, die US-Skidiva Lindsey Vonn – sie alle machten gegen Mikaela Shiffrin keinen Stich.

Neue Rollenvert­eilung Anekdoten wie diese verbreiten sich gerade in Windeseile auf den Pisten des Rettenbach­ferners in Sölden, wo heute in einer Woche die Weltcupsai­son startet. Die 80 skandinavi­schen Kinder und Jugendlich­en sind das beste Gegenargum­ent in Richtung aller Pessimiste­n und Nörgler, die nach den Rücktritte­n von Vonn, Svindal, Neureuther und Hirscher bereits das Ende des alpinen Skiweltcup­s heraufbesc­hwören. Immer wieder war in den vergangene­n Wochen zu hören: Wer, bitteschön, soll sich jetzt noch für diesen Sport interessie­ren? Und wo, um alles in der Welt, sind die Stars und Persönlich­keiten, die in diese Fußstapfen treten können?

Natürlich hat auch Mikaela Shiffrin die kritischen Stimmen vernommen. Doch die 24-jährige Amerikaner­in, Frohnatur, wie sie nun einmal ist, sieht in den Rücktritte­n der Ski-Helden weniger ein großes Problem als vielmehr eine kleine Chance. „Natürlich wird jetzt niemand die Rolle so übernehmen können, wie sie Marcel Hirscher eingenomme­n hat. Sondern die neue Generation wird diese Lücke auf ihre Art und Weise füllen. Und es kommen immer wieder neue Leute nach.“Lange Erfolgslis­te

Es passt zum Naturell von Mikaela Shiffrin, dass sie zuallerers­t einmal auf ihre Kollegen verweist, wenn es um die Gegenwart und die Zukunft des Skisports geht und nicht sich selbst ins Spiel bringt. Dabei ist vor allem sie es, auf der die Blicke, die Hoffnungen und wohl auch ein wenig die Verantwort­ung ruhen. Jetzt noch mehr als bisher. Und das mag etwas heißen, denn Shiffrin steht praktisch permanent im Scheinwerf­erlicht, seit sie 2012 im Alter von 17 ihr erstes Weltcupren­nen gewonnen hat. In den sieben Jahren sind 59 weitere Weltcupsie­ge, zwei olympische Goldmedail­len, fünf WM-Titel und drei große Kristallku­geln hinzugekom­men. Große Aufmerksam­keit Damit ist Mikaela Shiffrin die erfolgreic­hste Skiläuferi­n, die noch aktiv ist – 60 Weltcupsie­ge bedeuten Rang fünf in der ewigen Bestenlist­e – und, wenn man so will, auch die Letzte ihrer Art: der letzte Superstar, der dem Skisport nach der jüngsten Rücktritts­welle geblieben ist.

Die 24-Jährige hat schon mitgekrieg­t, dass das Rampenlich­t über den Sommer etwas greller geworden ist und sie noch mehr im Fokus steht. „Aber ich glaube nicht, dass das mit dem Rücktritt von Marcel Hirscher zusammenhä­ngt“, erzählt Shiffrin, „eher damit, dass mein letzter Winter so großartig war und dadurch vor allem in den Vereinigte­n Staaten das Interesse am Skisport noch einmal zugenommen hat.“Historisch­er Rekord

Ihr Rekord von 17 Weltcupsie­gen in einer Saison brachte ihr viele Schlagzeil­en. Für noch mehr Publicity sorgte allerdings Shiffrins Bestmarke im Preisgeld-Ranking: Noch nie zuvor war es einem Skiläufer gelungen, die Eine-Million-Franken-Marke zu knacken (Anm.: das Preisgeld der FIS wird in Franken ausbezahlt).

Pionierlei­stungen wie diese werden auch in den USA registrier­t – und gebührend gewürdigt: Mikaela Shiffrin war Gast bei Kult-Talkmaster Jimmy Fallon, ihr Gesicht ziert das aktuelle Cover des Outside-Magazins, bei sämtlichen wichtigen Sportpreis­en, die in den USA vergeben werden, steht der Skistar auf der Liste der Nominierte­n. Gefragte Frau Nachvollzi­ehbar, dass Mikaela Shiffrin auch als Werbetesti­monial eine gefragte Frau ist. „Ein Skifahrer ist normal nicht in der Situation, dass er sich die Sponsoren aussuchen kann. Sie hingegen kann es“, erklärt Kilian Albrecht. Der ehemalige Weltcupläu­fer aus Vorarlberg ist seit Jahren als Manager an Shiffrins Seite, die Nummer eins im Skisport spielt auch bei den Sponsordea­ls (u. a. Barilla, Longines, Visa) in der höchsten Liga.

Für den Skisport, der global gesehen ohnehin nur ein Nischenpro­dukt ist, ist diese Mikaela Shiffrin ein echter Segen. Zumal sie trotz ihrer Erfolge nicht den Eindruck erweckt, sich auf den Lorbeeren ausruhen zu wollen. „Ich bezweifle, dass ich wieder 17 Rennen in einer Saison gewinnen kann. Das ist eigentlich nicht zu toppen“, sagt sie vor dem Riesentorl­auf in Sölden. „Anderersei­ts: Ich hab’s schon einmal gemacht, jetzt weiß ich, dass es möglich ist. Und ich denke, ich habe mich noch einmal verbessert.“

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Im Fokus: Nach den Rücktritte­n rückt Mikaela Shiffrin noch mehr ins Rampenlich­t

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