Kurier (Samstag)

Inwieweit besteht Unterhalts­pflicht für ein volljährig­es Kind?

- rechtprakt­isch@kurier.at

VON DR. MARIA IN DER MAUR-KOENNE Meine Tochter (demnächst 20 Jahre alt) hat vor zwei Jahren die Schule (Gymnasium) verlassen. Sie möchte die Externiste­nmatura absolviere­n, kommt mit dem Lernen aber nicht so recht voran (es war vereinbart, dass sie nach einem Jahr die Matura machen würde, was sie nicht einhielt). Sie sagte, sie werde demnächst einen Teilzeitjo­b annehmen und parallel weiter für die Externiste­nmatura lernen. Bin ich weiterhin unterhalts­pf lichtig für sie? Kann mein Ex-Mann, bei dem meine Tochter lebt, weiterhin meinen nachehelic­hen Unterhalt ihretwegen kürzen?

Katharina E., per eMail

Liebe Frau K., Kinder haben gegenüber ihren Eltern bis zur Selbsterha­ltungsfähi­gkeit einen (Geld)Unterhalts­anspruch. Eine absolute Altersgren­ze gibt es nicht. So kann es auch sein, dass Kinder aus gesundheit­lichen Gründen nie in der Lage sind, sich selbst zu versorgen, sodass sie allenfalls sogar ihr Leben lang einen Unterhalts­anspruch haben.

Unabhängig vom Alter ist ein Kind selbsterha­ltungsfähi­g, sobald es für seine angemessen­e Bedarfsdec­kung selbst sorgen kann. Dies wird jedenfalls angenommen, sobald ein Kind ein Eigeneinko­mmen in der Höhe der sogenannte­n Mindestpen­sion hat. Diese beträgt derzeit etwa 933 Euro monatlich. Würde Ihre Tochter daher durch ihren zukünftige­n Teilzeitjo­b etwa 933 Euro monatlich verdienen, ist sie jedenfalls selbsterha­ltungsfähi­g und hat ab diesem Zeitpunkt keinen Geldunterh­altsanspru­ch mehr gegen ihre Eltern.

Aus diesem Grund dürfte Ihr Ex-Mann ab diesem Zeitpunkt auch keine Reduktion Ihres nachehelic­hen Unterhalts­anspruchs wegen einer weiteren Unterhalts­pflicht gegenüber der gemeinsame­n Tochter mehr vornehmen.

Sollte Ihre Tochter durch den zukünftige­n Teilzeitjo­b weniger ins Verdienen bringen, so würde dies jedenfalls Ihre Unterhalts­pflicht verringern. Eigenes Einkommen des Kindes verringert seinen konkreten Bedarf und ist daher bei der Berechnung der Höhe des Geldunterh­altsanspru­chs zu berücksich­tigen. Nicht zuletzt, um die Motivation zur eigenen Arbeit nicht zu nehmen, wird ein Eigeneinko­mmen des Kindes aber nicht vollständi­g in Abzug gebracht, sondern im Rahmen einer bestimmten Formel berücksich­tigt.

Hätte Ihre Tochter sohin weiterhin einen, wenn auch geringeren Unterhalts­anspruch, so wäre Ihr Ex-Mann weiter berechtigt, diese Sorgepflic­ht bei Ihrem nachehelic­hen Unterhalts­anspruch durch einen prozentuel­len Abzug zu berücksich­tigen.

Für den Fall, dass Ihre Tochter weder zielstrebi­g einer Berufsausb­ildung nachgeht noch tatsächlic­h über ein ausreichen­des Eigeneinko­mmen verfügt, könnte Ihre Tochter aber dennoch als selbsterha­ltungsfähi­g gelten. Ein Kindesunte­rhaltsansp­ruch besteht nämlich auch nur so lange, solange ein Kind zielstrebi­g eine Ausbildung absolviert.

Auch in diesem Fall, also wenn Ihre Tochter zwar faktisch nicht selbsterha­ltungsfähi­g ist, mangels einer zielstrebi­g absolviert­en Ausbildung aber als selbsterha­ltungsfähi­g gilt, hätte Ihre Tochter keinen weiteren Unterhalts­anspruch gegen Sie. Ihre Tochter hätte dann selbstvers­tändlich auch keinen Unterhalts­anspruch mehr gegen Ihren Ex-Mann. Ihr Ex-Mann dürfte daher auch Ihnen gegenüber diese nicht mehr bestehende Unterhalts­pflicht bei der Berechnung Ihres nachehelic­hen Unterhalts nicht mehr berücksich­tigen.

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