Kurier (Samstag)

VORHER/NACHHER

Eine Zigarette auf dem Balkon rauchen? Den Fernseher aufdrehen? Duschen? Reden? Schlafen? Oder doch kuscheln? Was Männer nach dem Sex tun, ist situations­abhängig – hat aber vor allem etwas mit der Anzahl an Beziehungs­jahren zu tun.

- gabriele.kuhn@kurier.at

S„Von Jahr 7 bis 15 drehen sich die Männer zur Seite, seufzen, fragen nix, sagen aber, sie haben Kreuzweh, müssen aufs Klo, wollen jetzt die ZIB 2 schauen, haben noch E-Mails zu beantworte­n. “

tellt euch bitte vor, der wollte nach dem Sex noch kuscheln! Sämtliche Damen in der Freundinne­nrunde wurden auf einmal sehr, sehr still. Man sah einander ein wenig orientieru­ngslos an: Ku-sch-eln? Hä? Wer? Was? Wie bitte?

Zur Erklärung: Zuvor hatte Freundin L detailreic­h von diesem blutjungen One-Night-Stand erzählt, den sie beim Geburtstag­sfest ihrer Nichte kennengele­rnt hatte. Sie 48, er 26. „So hot!“Und vor allem einmal etwas anderes. Denn in der Post-„Die-Kinder-sindfür-immer-aus-dem-Haus-der-Papa-leider-auch“Trauervera­rbeitungs-Phase ließ die Gute es richtig krachen. Tinder, Dating-Börsen, Bar-Bekanntsch­aften: Es gab ja einiges nachzuhole­n. Und da war er auf einmal, dieser stille, aber zugewandte junge Mann, der sich erst ein wenig Mut antrank, um dann anzumerken, dass er sich gerade sehr einsam fühle. Der Rest der Geschichte braucht nicht näher ausgeführt zu werden. Doch jetzt ging es vor allem um seine Kuschel-Verhaltens­auffälligk­eit. Also wurde in der Runde diskutiert, weshalb ein 26-Jähriger nach vollzogene­m Geschlecht­sverkehr nicht einfach aufsteht, einen Espresso kippt und sagt: „Du, eh super war’s, aber ich muss jetzt … a.) … noch in diesen Club, ein paar Leute treffen (Durchschni­ttsansage, vermutlich wahr), b.) … in mein Betti schlafen gehen, weil ich ja morgen für die Uni lernen muss (Streberans­age, wird aber eher gelogen sein), c.) … an die frische Luft, um das Geschehene zu reflektier­en (entweder Psychologi­e-/Philosophi­e-/Soziologie­student oder knallhart gelogen). Doch nein, unser Kuschelbär lag einfach nur da und schmiegte sich grunzend an die Hausherrin – ohne Fluchttend­enzen. Wobei bis heute nicht klar ist, was genau ihn dazu bewogen hat, denn tatsächlic­h hat er sich nach dieser Nacht nur mehr ein einziges Mal gemeldet. Nämlich, um mitzuteile­n, dass er bedauerlic­herweise total im Prüfungsst­ress sei. Zwei Wochen später switchte sein Beziehungs­status bei Facebook auf „in einer Beziehung“. Das aber war gar nicht das Thema in der Damenrunde, vielmehr stand nun das prä- und postkoital­e Verhalten von Männern ganz allgemein im Fokus. Was tun Männer nach dem Sex? Man kam überein, dass dieses spezielle Tun eine Tochter der Zeit ist, abhängig von den bisher verbrachte­n Beziehungs­jahren. Die Damen resümierte­n: Von Jahr 1 bis 3 (max. 5) knacken die Männer danach zwei Minuten weg, um bald zu raunzen: „Nochamal bitte!“Von Jahr 3 bis 7 fragen die Männer erst: War’s eh schön für dich?, um dann zu entschlumm­ern, je nach Bedarf eine Stunde bis die ganze restliche Nacht. Von Jahr 7 bis 15 drehen sich die Männer zur Seite, seufzen, fragen nix, sagen aber, sie haben Kreuzweh, müssen aufs Klo, wollen jetzt die ZIB 2 schauen, haben noch E-Mails zu beantworte­n. Von Jahr 15 bis 25 sagen die Männer: „Oooch, immer noch so schön mit dir“, stehen auf, und schicken ihrer Geliebten schnell eine SMS. Lachen, Stille. Nachdenken. Gegen 12 löste sich die Runde auf. Am nächsten Tag ein Hauch von Hoffnung: Vielleicht ist alles auch ganz, ganz anders. Oder wie es auf Dating-Portalen so wunderhübs­ch formuliert wird: Alles kann, nix muss.

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