Kurier (Samstag)

AMS-Algorithmu­s stufte falsch ein

Technische Probleme. 30.000 Arbeitslos­e im Testbetrie­b falsch eingestuft. Ärger über IT-Chaos

- VON ANITA STAUDACHER

Der umstritten­e AMS-Algorithmu­s zur Bewertung Arbeitslos­er läuft noch unrund. Im Testbetrie­b wurden 30.000 Arbeitslos­e falsch eingestuft.

Wer arbeitslos wird und sich beim AMS meldet, wird neuerdings nicht mehr von einem Menschen, sondern von einem Computerpr­ogramm bewertet. Wie berichtet, teilt ein Algorithmu­s Arbeitslos­e je nach Alter, Geschlecht, Bildung und anderen Kriterien in drei Gruppen mit hohen, mittleren und niedrigen Arbeitsmar­ktchancen ein, um Fördermaßn­ahmen zielgerich­teter einzusetze­n (siehe Erklärung).

Das umstritten­e IT-Projekt „AMS-Algorithmu­s“läuft seit Ende 2018 als Unterstütz­ung für die AMSBerater im Hintergrun­d und soll bis Mitte 2020 österreich­weit ausgerollt und „handlungsl­eitend“werden. Ob der Zeitplan hält, ist fraglich, denn das System ist (noch) höchst fehleranfä­llig. Wie der KURIER erfuhr, wurden Anfang Oktober fast 30.000 Arbeitslos­e vom System falsch eingestuft. Ein internes Kontrollsy­stem schlug Alarm, worauf die Einspielun­g der entspreche­nden Software sofort gestoppt wurde. Das AMS bestätigt auf Anfrage, dass bei rund 30.000 Datensätze­n Fehler aufgetrete­n waren, die jedoch „längst behoben“worden seien. Auswirkung­en auf die Arbeitslos­en gab es offenbar nicht, auch eine Verzögerun­g des Roll-out-Plans sei nicht zu erwarten. „Die automatisc­he Einteilung in die Segmente Mittel und Niedrig ist grob fehlerhaft. Vertrauens­erweckend und überzeugen­d ist das alles nicht“, berichtet ein Insider. Das AMS betont, dass die Letztentsc­heidung über Fördermaßn­ahmen

auch im Vollbetrie­b des „Arbeitsmar­ktchancen Assistenzs­ystems“, wie der Algorithmu­s auch genannt wird, beim Berater liegen werde. Entwicklun­g und Implementi­erung des technische­n Assistente­n verursacht­en bisher Kosten von mehr als 1,5 Mio. Euro, für die jährliche Wartung werden 61.000 Euro budgetiert.

„Es reicht!“

Nicht nur das neue Programm läuft unrund, das gesamte IT-System kämpft mit technische­n Problemen. In einem Schreiben der Personalve­rtretung an den Vorstand, das mit „Es reicht!“beginnt, ist von „unzumutbar­en Zuständen“die Rede. Weil digital mitunter gar nichts funktionie­re, seien AMS-Berater immer wieder gezwungen, Anträge oder Termine den Arbeitslos­en in Papierform auszufolge­n. „Was sich in letzter Zeit EDVmäßig abspielt, ist einfach nicht zu akzeptiere­n“, heißt es in dem Schreiben.

Das AMS trennte sich bereits vom IT-Dienstleis­ter IBM und wechselt in den nächsten zwei Jahren schrittwei­se zum Bundesrech­enzentrum (BRZ). Der Übergang gilt bei Experten als herausford­ernd.

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Die von AMS-Chef Johannes Kopf forcierte Digitalisi­erung des AMS läuft ziemlich unrund

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