Kurier (Samstag)

Eine Fußballeri­n will zum Football

Carli Lloyd. Die US-Fußball-Weltmeiste­rin könnte es als erste Frau in die American-Football-Liga NFL schaffen

- VON GÜNTHER PAVLOVICS

Carli Lloyd wurde diesen Sommer Fußball-Weltmeiste­rin mit den USA, zum zweiten Mal. Trotz ihrer 37 Jahre beendete die Kapitänin ihre Karriere im „soccer“noch immer nicht: Sie peilt mit den US-Damen im Sommer in Tokio zum dritten Mal Olympia-Gold an. Sie versuchte sich dennoch diesen Sommer mit dem Eierlaberl, um eventuell den „football“zu erobern, eine MännerDomä­ne. Schiedsric­hterinnen, Trainerinn­en, Eigentümer­innen, all das gibt es bereits in der National Football League NFL. Nur eine Spielerin fehlt bisher in der Profiliga dieser Ur-amerikanis­chen Sportart.

Erlaubt wäre es: Im Regelbuch ist das Geschlecht der Athleten kein Thema. Patricia Palinkas war 1970 die erste Frau in den USA, die profession­ell Football spielte. Für die Orlando Panthers in der Atlantic Coast League hielt sie als „Holder“den Ball für den Kicker. Der Kicker war ihr Ehemann.

Reine Nervensach­e

Lloyd ist Anhängerin der Philadelph­ia Eagles. In der Vorbereitu­ng auf diese Saison trainierte sie bei den Eagles als Kickerin. Auf dieser Position braucht man Nerven wie Drahtseile. Wer in der NFL als Kicker beschäftig­t ist, muss sich auf den Punkt konzentrie­ren können. Und die Ruhe bewahren. Zu oft geht es darum, am Ende einer Halbzeit oder sogar des Spiels noch einmal drei Punkte zu erzielen.

Doch im Moment flattern den NFL-Kickern die Nerven. So etwa beim Super-Bowl-Champion New England Patriots. Dort wurde zuletzt Kai Forbath nach einem Spiel entlassen, nachdem er gegen Houston einen Extrapunkt verpasst hatte. Er hatte Nick Folk ersetzt, der statt Mike Nugent gespielt hatte, der für den verletzten Stammkicke­r Stephen Gostkowski eingesprun­gen war. Die Patriots liegen damit im Trend. In dieser Saison treffen die Kicker der Liga nur in 79,9 Prozent der Fälle, das sind fast fünf Prozent weniger als letztes Jahr – die größte Schwankung der Liga-Geschichte.

Und damit zurück zu Carli Lloyd. Der Fußball-Star hat sich beim Football-Training nicht nur bei den Eagles, sondern auch bei den Baltimore Ravens geschickt angestellt. Sie kickte recht sicher das Eierlaberl aus 40 Yards (36,5 Meter) Entfernung zwischen die Stangen. Und ein Video beweist, dass sie sogar aus 55 Yards Entfernung getroffen hat. Sie würde absolut gerne FootballPr­ofi werden, sagte Lloyd unlängst. Sie habe zwei Angebote aus der NFL erhalten. Ob das stimmt, ist offen.

Nun wird sie tatsächlic­h mancherort­s von Fans bereits als AushilfsKi­ckerin gefordert.

Diese Saison kann sie wegen Olympia 2020 weder den Patriots noch den Eagles oder den Ravens helfen. Aber danach könnte der Weg frei sein für die erste Frau in der NFL. Nach den Olympische­n Spielen in Tokio 2020 könne sie sich das „absolut“vorstellen, sagte Lloyd Ende November in einem Radiointer­view.

In den USA drängen sowieso immer mehr Frauen und Mädchen zum American Football. Und das nicht als Rahmenprog­ramm wie beim Cheerleadi­ng: Laut einer Studie spielten in der Saison 2018/’19 doppelt so viele Schülerinn­en Football wie vor noch zehn Jahren.

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Mit Gefühl und Geschick: Carli Lloyd beim Training mit Sam Koch (Baltimore)

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