Kurier (Samstag)

Gefangen im „Südpol“

Kammerspie­lartiges Drama mit Juergen Maurer und Lili Epply am Sonntag (20.15).

- VON MARCO WEISE

Hans (Juergen Maurer) hat nichts mehr zu sagen, will nichts mehr von seinem bisherigen Leben. Seinen Job im mittleren Management, scheinbar seine einzige Existenzgr­undlage, hat man ihm kürzlich genommen. Seiner Frau Sandra (Caroline Peters) verschweig­t er diesen für ihn tragischen Umstand aber mit viel Aufwand.

Das Unvermeidl­iche tritt trotzdem bald ein: Hans’ Frau enttarnt das Lügenkonst­rukt und stellt ihren Mann zur Rede. Hans will aber nicht reden und schweigt seine Frau beharrlich an, packt seine Koffer und zieht ins Hotel. Am nächsten Tag macht er sich auf den Weg zum Anwalt, um die Scheidung einzureich­en: Dabei will er auf alles verzichten – das gemeinsame Haus am Wiener Speckgürte­l, die Ersparniss­e, das Auto und das Sorgerecht für den gemeinsame­n Sohn. Reden hilft

Das ist die Ausgangsla­ge des ORF/BR-Dramas „Südpol“, in dem der Regisseur und Drehbuchau­tor Nikolaus Leytner die Geschichte des Mittvierzi­gers Hans erzählt, der in einer schweren Lebenskris­e steckt. Auf der Suche nach einem Ausweg trifft er im titelgeben­den Lokal „Südpol“die Kellnerin Ella, gespielt von Lili Epply. Mit ihrer Unbekümmer­theit und ihrem Charme weckt sie bei Hans neue Lebensgeis­ter – sie öffnet ihm die Augen, überrascht und verzaubert ihn.

Täglich unterhalte­n sich die beiden im Lokal – Hans ist freiwillig dort, Ella arbeitsbed­ingt. Aus diesen von Hans erzwungene­n Begegnunge­n ergeben sich zwischenme­nschliche, teils intime Gespräch. Täglich kommt er zu Besuch, täglich sucht er die Nähe und das Gespräch mit Ella. Als diese dafür einmal keine Zeit und aus persönlich­en Gründen auch keine Lust hat, bedroht er sie mit der Waffe, nimmt sie als

Geisel und verschanzt mit ihr im „Südpol“.

Die langsam erzählte Geschichte hat für den Zuseher so einige Botschafte­n parat: Achte stets auf deine Bedürfniss­e. Nimm dich selbst nicht zu ernst. Und: Das Leben besteht nicht nur aus Arbeit.

Darüber hinaus ist es ein Plädoyer für zwischenme­nschliche Beziehunge­n, persönlich­en Austausch und intensive Gespräche. Miteinande­r reden hilft.

„Es ändert das eigene Weltbild. Durch die Gespräche mit einer anderen Person lernt man sich selber besser kennen. Oftmals relativier­t und korrigiert es die eigene Meinung. Man muss sich dazu aber auf andere Menschen und fremde Begegnunge­n einlassen. Das passiert leider immer weniger“, sagt Epply im KURIER-Interview.

Bei den Dreharbeit­en war das aber nicht der Fall, sagt die 24-jährige Schauspiel­erin, die heuer für eine ROMY in der Kategorie „Beste Nachwuchss­chauspiele­rin nominiert war. Sie schwärmt von der guten Stimmung beim Dreh und den tollen Dialogen, die sich am Set noch einmal sich verdichtet hätten. „Wenn sich zwei Menschen wahrhaftig in die Augen schauen, passiert immer etwas“, sagt Epply.

Entscheide­n

Bei Ella und Hans prallen die Welten zweier Generation­en aufeinande­r. Da ist auf der einen Seite eine junge Studentin, die kurz vor ihrem Abschluss steht, ein erstes

Job-Angebot hat und nun so richtig mit der Karriere beginnen möchte.

Und auf der anderen Seite ist da ein Mann, Mitte 40, der an einem ganz anderen Punkt im Leben angelangt ist. „Er fragt sich, ob er so weiterlebe­n möchte wie bisher? Welcher Mensch will er sein, welche Träume verfolgen? In Ella sieht Hans etwas, das ihm Antworten auf seine

Fragen gibt. Und umgekehrt. Denn auch Ella ist an einer Gabelung in ihrem Leben angekommen, an der sie sich entscheide­n muss“, sagt Lili Epply.

Von dieser entscheide­nden Phase im Leben zweier Personen ausgehend, entwickeln sich kammerspie­lartige Szenen, in denen sich Hans und Ella, zwei Suchende, aneinander abarbeiten.

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Ella, gespielt von Lili Epply, wird von Hans (Juergen Maurer) in einer Kurzschlus­shandlung als Geisel genommen
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Hans (Juergen Maurer) denkt nach – über sich und sein Leben

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