Kurier (Samstag)

Erste Duftmarken in Türkis und Grün

- VON RUDOLF MITLÖHNER

„Das Beste aus beiden Welten“ergibt nicht zwingend eine gemeinsame Welt, aber es kann trotzdem funktionie­ren.

Nicht einmal eine Woche ist die neue Regierung im Amt, aber ein bisschen kann man sich schon vorstellen, wie das mit Türkis und Grün laufen wird. Auch wenn sich Werner Kogler mehrfach davon distanzier­t hat, dürfte die Beschreibu­ng von Sebastian Kurz „das Beste aus beiden Welten“der Sache doch recht nahe kommen: Jede der beiden Parteien hat – entspreche­nd der jeweiligen Größe – ihre Felder, die sie bespielen kann. Das ergibt freilich nicht zwingend eine gemeinsame „Welt“, eine tragende Idee, ein Projekt. Aber das ist auch nicht wirklich zu erwarten. Denn, wie die NZZ lakonisch anmerkte, „dass in Österreich­s neuer Regierung zusammenwä­chst, was zusammenge­hört, wäre eine Übertreibu­ng“. Eben.

Aber auch äußere Faktoren können zusammensc­hweißen: Kurz kann es sich nicht leisten, mit dem dritten Partner en suite eine Zusammenar­beit vorzeitig zu beenden, wie sachlich gut er auch immer das rechtferti­gen könnte. Und Kogler weiß, dass sich das window of opportunit­y der Regierungs­beteiligun­g womöglich nicht so schnell wieder öffnen würde (17 Jahre lang blieb es zuletzt geschlosse­n). Der Erfolgsdru­ck verbindet.

Dementspre­chend haben Vertreter beider Parteien bereits erste Duftmarken gesetzt. So hat die für den VPSchlüsse­lbereich Integratio­n zuständige Ministerin Susanne Raab (im KURIER) mit sehr kantigen Aussagen aufhorchen lassen.

Auf der anderen Seite lassen Werner Kogler und die Seinen keinen Zweifel, dass es ihnen mit Klima-, Verkehrsun­d Energiepol­itik ernst ist. Gleichzeit­ig bleibt die Distanz zum einstigen Reibebaum und jetzigen Partner spürbar: Die Sprache und auch die Positionen seien „nicht die unseren“, sagte etwa Klubobfrau Sigrid Maurer im Nationalra­t zum Migrations­kapitel.

Brückensch­lag nach Osten

Bemerkensw­ert ist noch etwas anderes: die Teilnahme des Bundeskanz­lers am Treffen der Visegrád-Länder (Tschechien, Polen, Ungarn, Slowakei) kommende Woche in Prag. Gelten die vier doch nach herrschend­er europäisch­er Lehre als die „Bösen“der EU. Klar ist freilich, dass der Umgang mit diesen Ländern eine der zentralen Herausford­erungen für Europa darstellt. Und nein, das wird sich nicht vom hohen „westlich-liberalen“Ross herab erledigen lassen. Die vier legen – ungeachtet dessen, was man ihnen, teils zu Recht, vorwirft – in vielem den Finger auf wunde Punkte, sind solcherart auch ein nötiger Stachel im Brüsseler Fleisch (wie das auch die Briten waren).

Wenn Österreich bei diesem Thema – auch seiner historisch­en und geografisc­hen Position entspreche­nd – eine konstrukti­ve Rolle spielen könnte, wäre das sogar deutlich mehr als eine Duftmarke.

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