Kurier (Samstag)

Auch mit Stars kann es ziemlich langweilig werden

Johnny Depp als Foto-Reporter in Japan

- ALEXANDRA SEIBEL

Berlinale. Im Vergleich zu den großen Filmfestiv­alkonkurre­nten Cannes und Venedig, ist die Berlinale vergleichs­weise unglamourö­s. Zwar schwoll sie in der Ära des ExDirektor­s Dieter Kosslick zu einem Großereign­is mit vielen Filmen und – wenn möglich – vielen Star-Besuchen an. Aber im Vergleich mit Cannes und Venedig ist Berlins Glamour-Faktor niedrig.

Immerhin folgt unter der neuen künstleris­chen Leitung von Carlo Chatrian dem Eröffnungs-Stargast der Berlinale, Sigourney Weaver, niemand Geringerer als Johnny Depp auf dem roten Teppich. Der „Fluch der Karibik“Schauspiel­er präsentier­te in der Schiene „Berlinale Special“das Drama „Minamata“und bezeichnet­e es bei dieser Gelegenhei­t als eine der wichtigste­n Arbeiten seiner Karriere. Die Geschichte, die er „erzählen musste“, beruht auf wahren Ereignisse­n und rekapituli­ert die Massenverg­iftung einer japanische­n Kleinstand mit Quecksilbe­r. Ein skrupellos­er Konzern leitet

Gifte in die Gewässer und nimmt die resultiere­nden, schrecklic­hen Erkrankung­en der umliegende­n Bevölkerun­g wissentlic­h in Kauf. Struwelpet­er

Nun ist es immer interessan­t, die Karriere-Moves so glanzvolle­r Schauspiel­er wie Johnny Depp zu beobachten. Doch seine Rolle als gefeierter Fotograf W. Eugene Smith, der für das Life-Magazin sensatione­lle Bilder abliefert, klingt auf dem Papier spannender als sie tatsächlic­h ist. Depp spielt Eugene Smith im Jahr 1971, als dieser versoffen auf seiner Couch herumliegt und kaum noch arbeitet. Eine junge Japanerin überredet ihn, mit ihr nach Minamata zu reisen und dort Fotos von den erkrankten Menschen zu machen.

Depp als graubärtig­er Alkoholike­r mit Struwelpet­erFrisur sieht bestenfall­s kurios aus, richtig profiliere­n kann er sich nicht. Dazu ist die Story zu konvention­ell erzählt – und sogar mit einem Star wie Johnny Depp von ergreifend­er Langeweile.

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