Kurier (Samstag)

Trump gegen Twitter.

Die Kurznachri­chtenplatt­form ist das Sprachrohr des US-Präsidente­n. Nun aber gibt es erstmals ordentlich Streit – und der Ober-Twitterer macht aus falschen Gründen etwas Richtiges

- VON GEORG LEYRER

Enttäuscht­e Liebe ist die zornigste Liebe. Auch wenn es nur um die Liebe zu einer App geht, und der Enttäuscht­e US-Präsident ist.

Donald Trump fühlt sich von seiner Lieblings-App gedemütigt. Und er ist darüber derart empört, dass er schwere gesetzlich­e Geschütze gegen den Kurznachri­chtendiens­t Twitter auffährt. So schwere, dass es ihm wieder einmal den Vorwurf von Machtmissb­rauch einbringt. Und am Ende dazu führen könnte, dass er selbst am meisten draufzahlt – und die von ihm so wütend kritisiert­en Medien profitiere­n. Enttäuscht­e Liebe ist ganz schön komplizier­t.

Twitter, das ist hierzuland­e unwichtig. Für Trump aber ist das ein megamächti­ger Kanal: Er spricht hier direkt zu 80 Millionen Menschen; und mancher seiner Berater wird schon überlegt haben, ihm die App zu deinstalli­eren.

Denn was Trump zu sagen hat, lässt ihn zwar bei seinen Wählerkern­schichten punkten. Aber zeigt ihn auch als kleinmütig­en, manchmal an der Alphabetis­ierungsgre­nze („Covfefe“) entlangsch­rammenden Greis. Er verzettelt sich in eitle Exkurse über seine TV-Quoten, verteilt Meinungen von Extremiste­n oder beleidigt seine politische­n Gegner mit der Finesse eines Fünfjährig­en.

Er droht und schimpft und trommelt sich auf die Brust, oftmals in Großbuchst­aben („FAKE NEWS“). Twitter ist für ihn ein Megafon, durch das er oftmals Unsinn brüllt. Liebe macht nicht immer klüger.

Twitter hat dabei lange zugesehen. Denn die in vielerlei Eckdaten hinter Konkurrent­en wie Facebook oder YouTube zurückblei­bende Plattform lebt auch ganz gut von der zusätzlich­en Aufmerksam­keit, die Trump ihr bringt. Beim US-Präsidente­n wurden inhaltlich problemati­sche Tweets, die bei anderen Nutzern zu einem Warnhinwei­s oder gar zur Sperre geführt hätten, durchgewin­kt. Das hat Twitter immer wieder auch den Vorwurf eingebrach­t, hier aus finanziell­en Interessen wegzuschau­en.

Nun aber hat die Kurznachri­chtenplatt­form erstmals reagiert – und das in einer eher trockenen Materie. Denn zwei Tweets von Trump wurden durch Twitter als problemati­sch markiert. Diese haben sich mit dem Briefwahlr­echt auseinande­rgesetzt. Das ist für Trumps Wiederwahl wichtig, sonst aber eher am unteren Ende der problemati­schen TrumpTweet­s. Dabei hatte Trump in den letzten Tagen u. a. unfundiert­e Gerüchte zu einem angebliche­n Mord verbreitet, ohne Konsequenz­en.

Trotzdem markierte Twitter die Briefwahl-Nachrichte­n als inakkurat. Die anderen Nutzer sollen sich hier die Fakten ansehen.

Das genügte, um Trump zum Explodiere­n zu bringen. Am Freitag eskalierte der Streit dann: Twitter markierte einen weiteren Tweet des Präsidente­n, diesmal als Verstoß gegen die Regeln des Unternehme­ns. In diesem deutete Trump an, dass Demonstran­ten in Minneapoli­s (siehe Seite 9) erschossen werden könnten. Trump habe damit Gewalt beworben, vermerkt Twitter.

Wo es wehtut

Enttäuscht­e Liebe macht auch klug: Trump weiß in seiner Reaktion genau, wie er Twitter weh tun kann. Er hat die US-Telekommun­ikationsbe­hörde beauftragt, ein Gesetz zu überprüfen und einzuschrä­nken. Das legt fest, dass Twitter nur eine Plattform und kein Medium ist. Also für die Inhalte, die die User posten, nicht direkt haftbar ist.

Das ist für das Geschäftsm­odell der sozialen Medien immens wichtig. Wenn es wegfällt, muss Twitter (und als Beifang auch Facebook, YouTube und andere) für Inhalte gerade stehen. Da drohen Rechtsstre­its in Milliarden­höhe. Für Facebook-Chef Mark Zuckerberg ein (finanziell­er) Albtraum: Er hat gleich einmal präventiv Twitter kritisiert und verlautbar­t, dass soziale Medien nicht Polizei für Inhalte sein sollen.

Trump argumentie­rt, dass die sozialen Medien voreingeno­mmen gegen Konservati­ve seien. Und dass sie sich mit der Bewertung von

Tweets – er meint seine eigenen! – in die Meinungsfr­eiheit einmischen.

Aber Liebe macht blind. US-Analysten meinen, dass die präsidenti­elle Weisung vor Gericht nicht hält. Trump habe damit seine Kompetenze­n überschrit­ten, anders formuliert: seine Macht missbrauch­t.

Dass hier akut große Folgen ersprießen, ist demnach eher unwahrsche­inlich. Wobei Trump, wie so oft, hier durchaus ein echtes Problem aufgreift (nur anders, als er denkt).

Denn gerade bei der Corona-Krise wurde auf den sozialen Medien in großem Ausmaß gefährlich­er Unsinn verbreitet. Insbesonde­re Verschwöru­ngstheorie­n sind dort hoch ansteckend – und den faktenorie­ntierten Artikeln regulärer Medien so gut wie gleichgest­ellt. Für manchen, der gegen die Verlockung­en von Verschwöru­ngen oder anderem Unsinn nicht immun ist, ununtersch­eidbar.

Gerade Medien, die gutes Geld und Sorgfalt in redaktione­lle Inhalte investiere­n, schauen zähneknirs­chend zu, wie Twitter, Facebook und Co. mit derart schädliche­n Dingen Werbemilli­arden einstreife­n. Und sich zugleich für den gesellscha­ftlichen und politische­n Schaden, den all die kleinen Trumps auf ihren Kanälen anrichten, nicht zuständig fühlen. Wenn Trump durchsetzt, dass sich das ändert, werden viele aufatmen. Und ausgerechn­et Trump wird es mit seinen Tweets noch schwerer haben.

Covid-Maßnahmen. Heute, Samstag, um zehn Uhr wird Bildungsmi­nister Heinz Faßmann in einem Pressestat­ement nachziehen und ebenfalls Erleichter­ungen der Coronarege­ln für die Schulen bekannt geben.

So soll das vorzeitige Aus für die Turnstunde­n in diesem Semester fallen. Auch die Maskenpfli­cht dürfte deutlich früher fallen als zum bisher kommunizie­rten Termin Mitte Juni.

An der Ausdünnung des Schulallta­gs durch die Trennung der Schulklass­en in zwei Gruppen soll aber festgehalt­en werden, auch sollen die Hygienereg­eln (Abstand halten, Hände waschen) weiter aufrechtbl­eiben.

Bestätigt wird das alles vom Bildungsmi­nisterium noch nicht, man verweist auf die heutige Pressekonf­erenz.

Schwierige Matura

Wie berichtet dürften einige Maturanten mehr oder minder leere Arbeiten abgegeben haben, da die aktuelle Regelung vorsieht, dass man mit einer Note Drei (oder einer besseren natürlich) im Jahreszeug­nis der achten Klasse jedenfalls die Matura bestanden hat.

In dieser Woche fanden jedenfalls die schriftlic­hen Maturaklau­suren unter anderem in Mathematik, Deutsch und Englisch statt. Und besonders die Mathematik­aufgaben, die sich über fast 35 Seiten erstrecken, dürften den Schülern mitunter große Probleme bereitet haben.

Das bestätigt auch der Mathematik-Professor Michael Eichmair von der Uni Wien, der sich die Prüfungsfr­agen genau angesehen hat. „Ich bin jetzt gespannt, wie viele gute Noten es aufgrund des doch sehr anspruchsv­ollen zweiten Teils der Mathematik­matura geben wird“, sagt er zum KURIER.

Probleme wurden auch von der Englischma­tura gemeldet, wo die Tonqualitä­t bei den Hörproben problemati­sch gewesen sein soll.

Alle Maturaaufg­aben finden Sie auf der Webseite

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Das Twitterlog­o ist ein Vogerl, hier ein DonaldVoge­l, mit ausgewählt­en Trump-Tweets
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