Corona bringt Konsum zum Absturz Krise doppelt so tief wie nach dem Finanz-Crash 2008. OeNB macht Vertrauensverlust größte Sorgen
Es sind in dieser vom Virus ausgelösten Krise nicht die Finanzmärkte, nicht die Unternehmen, sondern die Konsumenten, die die Wirtschaft ins Trudeln bringen. Auch wenn die Österreicher mit ihrer Zurückhaltung beim Geldausgeben intuitiv das Richtige tun, für die Gesamtwirtschaft hat das dramatische Auswirkungen. Die heimische Wirtschaftsleistung wird heuer um 7,2 Prozent einbrechen und damit so stark wie seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr – und um doppelt so viel wie in der Finanzkrise 2008.
Ausschlaggebend für diesen dramatischen Absturz ist der private Konsum, der nach Prognose der Oesterreichischen Nationalbank um 5,8 Prozent zurückgehen dürfte. Statt Geld auszugeben, wird gespart. Die Sparquote hat sich auf 13 Prozent fast verdoppelt. Vieles davon sei
„Vorsichtssparen“, wie der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, Robert Holzmann, meint. Die Menschen wüssten nicht, ob sie ihren Job wiederbekämen oder wann sie die Kurzarbeit beenden könnten.
Wirtschaftspolitisch sei diese Krise die größte Herausforderung der Zweiten Republik. Steuersenkungen wie etwa die jetzt diskutierte Reduktion der Mehrwertsteuer allein könnten den Konsum kaum in Gang bringen, sagt der OeNB-Gouverneur. Er sieht in der Wiederherstellung des Vertrauens der Bürger
in eine funktionierende Wirtschaft den Kernpunkt. Den Menschen müsse glaubhaft vermittelt werden, dass es sich lohnt, langfristige Konsumgüter zu kaufen, also alte Kühlschränke auszutauschen oder auch das Auto.
„Stochern im Nebel“
Für die Chefvolkswirtin der Oesterreichischen Nationalbank, Doris Ritzberger-Grünwald, war das Erstellen der aktuellen Wirtschaftsprognose eine besondere Herausforderung. „Wir bekommen die statistischen Daten, die wir als Basis für die Prognose benutzen, üblicherweise alle drei Monate, manche monatlich. Aber damit konnten wir die Auswirkung der CoronaKrise gar nicht einschätzen“, betonte Ritzberger-Grünwald. Was tun also?
Die Ökonomin und ihr Team suchten ganz neue Indikatoren, um die unmittelbaren wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise feststellen zu können: Lkw-Fahrten auf der Autobahn, Stromverbrauch, Mobilitätsdaten der Bürger, Bankomatzahlungen. Daraus wurde rasch ein wöchentlicher Wirtschaftsindikator zusammengestellt. „Alles andere wäre Stochern im Nebel gewesen“, sagt die Chefökonomin.
Aus diesem Index lässt sich das Ausmaß des wirtschaftlichen Absturzes gut erkennen: Zwei Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung gingen in Österreich nach der Corona-bedingten Sperre wöchentlich verloren. Jetzt sind es immer noch eine Milliarde
Euro pro Woche. In Summe hat die Pandemie Österreich bis jetzt 14,5 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung gekostet. In ihrer Prognose, die „von großen Unsicherheiten geprägt ist“, wie RitzbergerGrünwald betont, steht im nächsten Jahr wieder einkräftiges Wachstum von 4,9 Prozent und 2022 dann 2,7 Prozent. „Dabei darf man aber nicht vergessen, dass diese Wachstumsraten von einem tiefen Niveau starten“, fügt die Ökonomin hinzu.
Es könnte aber auch schlimmer werden. Diese Prognose geht davon aus, dass es zu keiner zweiten Infektionswelle
kommt und Mitte 2021 eine Impfung oder gute medizinische Behandlung der Virus-Erkrankung zur Verfügung steht.
Sollte es zu einer zweiten, aber schwächeren Infektionswelle kommen, könnte das heimische Bruttoinlandsprodukt sogar um 9,2 Prozent schrumpfen und das Wachstum im nächsten Jahr nur 3,5 Prozent erreichen.
Im Gegensatz zur Krise 2008 sind die asiatischen Märkte dieses Mal keine Stütze. Im Gegenteil: Die Exporte nach China und andere asiatische Länder sind zeitweise zum Erliegen gekommen.