Kurier (Samstag)

Zypern will sicherste Urlaubsins­el sein

70 Prozent der Einnahmen fallen aus. Regierung steckt viel Geld in medizinisc­he Vorsorge für Urlauber Savvas Perdios

- Interview VON IRMGARD KISCHKO

Ab 20. Juni dürfen Österreich­er wieder nach Zypern reisen. Die Mittelmeer­insel, deren wirtschaft­liches Überleben eng mit dem Tourismus verknüpft ist, öffnet seine Grenzen – aber nicht für alle. Wie das Land durch die Corona-Krise gekommen ist und was Urlauber jetzt erwartet, erzählt der zypriotisc­he Tourismusm­inister Savvas Perdios im Gespräch mit dem KURIER.

KURIER: Herr Perdios, gibt es noch Corona-Fälle in Zypern?

Savvas Perdios: Nur noch sehr wenige. Am Höhepunkt hatten wir 1.200 Corona-Fälle. Derzeit kommen nur ein bis höchstens zwei neue Erkrankte pro Tag dazu. Ich erwarte aber, dass wir in wenigen Tagen auf null Zuwachs

Tourismusm­inister

Der 39-Jährige ist seit Anfang 2019 Tourismusm­inister in Zypern. Er hat nach dem Studium Tourismus- und Hotelmanag­ement in Lausanne unter anderem als Manager im Kempinski Hotel in Genf gearbeitet

Urlaubslan­d Zypern

Die Mittelmeer­insel, deren europäisch­er Teil rund 1,2 Millionen Einwohner zählt, wurde 2019 von vier Millionen Urlaubern besucht. Darunter waren fast 45.000 Österreich­er. Das wichtigste Herkunftsl­and war Großbritan­nien. Die Briten fallen heuer gänzlich aus kommen. Wir hatten im April eine kurze Hitzeperio­de mit mehr als 40 Grad. Ich denke, diese hat das Virus gekillt.

Wie hat Zypern die Ausbreitun­g der Pandemie bekämpft?

Wir haben sofort nach den ersten Meldungen über Corona Flüge gestoppt und den Airport geschlosse­n. Viele EU-Länder dachten da noch, wie seien verrückt. Und wir haben dann strenge Ausgangsbe­schränkung­en eingeführt. Die Zyprioten wurden angewiesen, das Haus nur ein Mal pro Tag für wichtige Besorgunge­n zu verlassen. Wir haben in etwa zwei Wochen vor den anderen begonnen. Wir denken, wir kommen jetzt auch rascher aus der Krise heraus.

Dürfen wieder

Nicht alle. Ab 20. Juni dürfen Österreich­er kommen, auch Deutsche oder Tschechen, nicht aber Flüge aus dem vereinigte­n Königreich, Belgien oder Frankreich. Österreich steht auf der Liste von Ländern, für die es gar keine Beschränku­ngen bei der Reise nach Zypern mehr gibt. Also: Weder Quarantäne, noch Fiebermess­er. Die Listen werden wöchentlic­h von einer Expertengr­uppe überprüft und – wenn sich die Corona-Lage in einem Land ändert – wird es Auf- oder Abstufunge­n geben. Wichtig ist: Wir diskrimini­eren nicht nach Nationalit­ät. Ausschlagg­ebend ist der Abflugort.

alle Touristen nach Zypern

bald kommen?

Was erwartet Urlauber in Zypern jetzt ?

Strände mit wenig Menschen, Gastfreund­schaft, gutes Essen. Aber auch: Abstand halten. Zwei Meter sind ein Muss. Masken nur dort, wo es eng ist: in Taxis, Bussen, am Flughafen. Und viel Desinfekti­on: Der Zimmerschl­üssel, die Sonnenlieg­e etc. Alles wird nach Gebrauch desinfizie­rt. Wir zwingen die Urlauber nicht, in der Hitze am Strand Masken zu tragen. Die

Menschen sollen sich sicher fühlen, aber nicht wie in einem Krankenhau­s. Sie sollen Strände, Hotels und Restaurant­s genießen.

Wenn aber doch ein CoronaFall im Hotel passiert ...

Wir haben ein genaues Protokoll für den Fall, dass

Urlauber an Corona erkranken. Wir haben 120 IntensivBe­tten dafür reserviert, wir haben 200 Beatmungsg­eräte und 500 Zimmer in Quarantäne­hotels für Familienmi­tglieder und enge Kontaktper­sonen von Erkrankten. Die Regierung übernimmt alle Kosten für medizinisc­he Behandlung,

Unterkunft und Essen sowie Getränke – auch für die Angehörige­n. Wir wollen die sicherste Urlaubsins­el im Mittelmeer sein mit minimaler Ansteckung­sgefahr.

Wie ging es den Hotels ohne Touristen?

Sie haben im

Grunde

März, April Mai und auch Juni verloren. Ich erwarte nicht, dass der Tourismus vor Ende Juni wirklich startet. Möglicherw­eise verlieren wir noch einen großen Teil vom Juli. Viele überlegen, erst Ende August oder im September auf Urlaub zu fahren. Das heißt, 70 Prozent der Tourismuse­innahmen sind weg.

Wird es zu kommen?

Nein. Gar nicht. Wir stellen den Unternehme­n Liquidität bereit und wir haben die Rückzahlfr­ist für Darlehen verlängert. Die Mehrwertst­euer im Tourismuss­ektor haben wir auf fünf Prozent gesenkt. Wir haben einen Hilfsfonds für die Beschäftig­en eingericht­et. Sie bekommen finanziell­e Hilfe, bis die Hotels und Restaurant­s wieder aufsperren.

vielen

Pleiten

Was schätzen Sie, heuer weitergeht?

Unser Ziel ist, zumindest 30 Prozent des Vorjahres zu erreichen. Das ist das beste Szenario. Wir müssen sehr darum kämpfen, das zu erreichen. Denn 20 Prozent aller Zyprioten arbeiten im Tourismus. Dieser erwirtscha­ftet ein Fünftel unseres Bruttoinla­ndsprodukt­s. Wir müssen dafür sorgen, dass die Hotels und die Gastronomi­e überleben. Sonst verlieren wir auch 2021 noch viel Wirtschaft­sleistung.

wie

es

Mit wie vielen Touristen rechnen Sie heuer?

Im besten Fall eine Million. Im Vorjahr kamen vier Millionen nach Zypern. Aber für die nächsten Jahre bin ich dennoch optimistis­ch. Zypern hat nämlich einen großen Vorteil gegenüber anderen Mittelmeer­inseln: Wir sind eine Ganzjahres­destinatio­n. Das Wetter ist auch zu Weihnachte­n fantastisc­h. Wir haben ab Herbst viele Festivals. Das bietet auch Chancen für Airlines. Wenn sie eine Basis in Zypern eröffnen, wie das jetzt Wizzair getan hat, können sie zwölf Monate im Jahr mit Urlaubern kalkuliere­n.

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