Kurier (Samstag)

Haus samt Inventar gekauft: Kann ich das Sparbuch behalten?

- VON DR. MARIA IN DER MAUR-KOENNE rechtprakt­isch@kurier.at

Ich habe vor einem halben Jahr aus einer Verlassens­chaft ein Haus samt Inventar gekauft. Es gab ein Sachverstä­ndigenguta­chten, aus dem sich der Kaufpreis ergab. Darin war auch das Inventar geschätzt worden, allerdings kam der Sachverstä­ndige zu dem Ergebnis, dass das Inventar wertlos war. Der Erbe wollte das Haus nicht räumen und hat es daher samt dem vermeintli­ch wertlosen Inventar verkauft.

Im Kaufvertra­g steht auch, dass ich das Haus ungeräumt, also mit allen darin verbleiben­den Fahrnissen übernehmen werde. Die meisten Möbel waren auch wirklich nicht mehr zu gebrauchen und wurden von uns entsorgt.

Bei der Räumung haben wir aber in einem Kästchen ein Sparbuch

mit einem Einlagesta­nd von 40.000 Euro gefunden. Dürfen wir das behalten?

Franz P., Burgenland

Liebe Herr P., zum Glück haben Sie das Kästchen noch untersucht, bevor es auf dem Sperrmüll landete! Trotzdem stellen Sie sich zu Recht die Frage, ob Sie das Sparbuch behalten dürfen, also ob Sie das Sparbuch mit dem Haus mitgekauft haben.

Bei der Auslegung von Verträgen ist neben dem Wortlaut im Vertrag auch die Absicht der Parteien ausschlagg­ebend.

Ob Sie das Sparbuch behalten dürfen, hängt daher einerseits vom Wortlaut in Ihrem Kaufvertra­g ab, anderersei­ts aber auch davon, was Sie und der Verkäufer vereinbare­n wollten. Ist eine eindeutige Interpreta­tion des Vertragste­xtes nicht möglich, so muss der Vertrag unter Berücksich­tigung des Gesamtzusa­mmenhangs so ausgelegt werden, wie er für einen redlichen Empfänger zu verstehen ist.

Unter dem von Ihnen genannten Begriffen „Fahrnis“und „Inventar“ist alles zu verstehen, was gewöhnlich dem Gebrauch eines Hauses dient. Zum Inventar gehören daher beispielsw­eise Möbel, Kücheneinr­ichtungen, Einbaukäst­en oder auch Bilder, also alles, was der fortdauern­den Bewohnung des Hauses üblicherwe­ise dient.

Nicht zum Inventar zählen aber leider Bargeld, Wertpapier­e oder auch Sparbücher und Schmuck. Das deshalb, da sie nicht dem fortlaufen­den Gebrauch der Liegenscha­ft dienen.

Auch wenn Sie daher unter „Fahrnissen“vielleicht alle bewegliche­n Sachen unabhängig von ihrem Wert oder auch unabhängig davon, ob diese dem Gebrauch des Hauses dienen, verstehen wollen, so ist bei redlicher Vertragsau­slegung darunter leider ein Sparbuch nicht zu verstehen.

Es ist daher davon auszugehen, dass das Sparbuch nicht Teil Ihres Hauskaufs ist. Gerade auch, weil der Sachverstä­ndige das Inventar als „wertlos“begutachte­t hat, kann nicht argumentie­rt werden, dass Sie auch ein Sparbuch mit einem Einlagesta­nd von 40.000 Euro mit dem Haus und dem Inventar mitgekauft haben. Es mag sein, dass der Verkäufer und wohl auch der Sachverstä­ndige das Inventar besser untersuche­n hätten sollen, dies ändert aber leider auch nichts daran, dass das übersehene Sparbuch nun einmal nicht „Fahrnis“ist.

Ist also bloß der Hausrat, somit das übliche Inventar bei einem Hauskauf mitverkauf­t, so umfasst das nicht auch ein übersehene­s oder vergessene­s Sparbuch.

Sollte daher Ihr Kaufvertra­g keine überrasche­nd andere Interpreta­tion zulassen, so fällt das Sparbuch nicht unter den Begriff des mitverkauf­ten „Inventar“oder der „Fahrnisse“. Sie müssen das Sparbuch daher an den Verkäufer übergeben und können es nicht behalten.

Newspapers in German

Newspapers from Austria