Covid-19 und das Mietrecht – Interview mit Helmut Ofner, Vorstand des Instituts für Europarecht, Internationales Recht und Rechtsvergleichung und Leiter des postgradualen Studiums für Wohn- und Immobilienrecht der Universität Wien.
SiehabenüberdieCorona-MaßnahmenderösterreichischenRegierung zum Wohnungsmietrecht gesprochen. Wie sieht es diesbezüglich in den Nachbarstaaten aus?
Helmut Ofner: Die Dauer und Ausgestaltung des Schutzes differiert in den Nachbarstaaten erheblich. Während die österreichische und deutsche Lösung bei Zahlungsverzug zwischen 1. April 2020 und 30. Juni 2020 einen Schutz vor Kündigung und Aufhebung des Mietvertrages bis 30.6.2022 vorsehen, begnügt sich die Schweiz hingegen mit einer Verlängerung der Zahlungsfrist von 60 Tagen. In Italien gibt es gar keinen vergleichbaren Kündigungsschutz. Allerdings hatten Mieter in Italien schon vor der Corona-Krise das Recht eine Nachfrist von 90 Tagen zu beantragen.
Gibt es einen mit der österreichischen Lösung vergleichbaren Räumungsschutz?
Nur Italien hat eine vergleichbare Aussetzung der Räumungsvollstreckung vorgesehen, die bis 30.Juni geplant war, aber bis 1.9.2020 verlängert wurde.
Welchen mietrechtlichen Schutz sehen die Staaten für Geschäftsraummieter vor?
Der österreichische Gesetzgeber hat bislang keine speziellen coronaspezifischen Regelungen geschaffen. In den Gesetzesmaterialien wird lediglich darauf hingewiesen, dass Probleme bezüglich Geschäftsraummiete und Pachtverträge,aufGrundlageder bestehenden Gesetzeslage gelöst werden können. Zudem wurde darauf verwiesen, dass Unternehmen in besonderer Weise durch die aktuellen staatlichen Hilfsmaßnahmen unterstützt werden.
Wie sieht es in den Nachbarstaaten diesbezüglich aus?
Auch in Deutschland, Italien und der Schweiz wurde nicht in das Geschäftsraummietrecht eingegriffen. Im Unterschied zum österreichischen Recht wurde aber in Deutschland und der Schweiz der oben bereits genannte Kündigungsschutz wegen ZahlungsverzugsauchfürGeschäftsraummieter normiert.
Besteht aufgrund der bisherigen Rechtslage die Möglichkeit den Mietzins zu mindern oder die Zahlung ganz auszusetzen? Nach § 1104 ABGB muss der Mieter keinen Miet- oder Pachtzins entrichten, wenn die in Bestand genommene Sache wegen außerordentlicher Zufälle, also
Feuer, Krieg oder Seuche, großer Überschwemmungen, Wetterschläge, oder wegen gänzlichen Misswachsesgarnichtgebraucht oderbenutztwerdenkann.Behält der Mieter trotz eines solchen Zufalls einen beschränkten Gebrauch des Mietstückes, so wird ihm ein verhältnismäßiger Teil des Mietzinses erlassen. Im Falle einer Betriebsschließung nach dem Epidemiegesetz wird daher kein Mietzins zu bezahlen sein. Hinsichtlich der für Verkaufsräume bestimmter Branchen verhängten Betretungsverbote muss im Einzelfall geprüft werden, in welchem Ausmaß die BenutzbarkeitdesMietgegenstands eingeschränkt wurde.
Gibt es ähnliche Regeln auch in den Nachbarstaaten? Nein,esbestehenkeineexpliziten Regelungen für außerordentliche Zufälle wie etwa Seuchen. In Deutschland werden jedoch Mietzinsminderungen wegen Störung der Geschäftsgrundlage gem § 313 BGB und in Italien wegen Teilunmöglichkeit gem § 1464 CC diskutiert.
MSc Immobilienmanagement & Bewertung
4 Semester, berufsbegleitend, modularer Aufbau, in Deutsch
MSc Healthcare Facilities
4 Semester, berufsbegleitend, modularer Aufbau, in Englisch
MEng & Universitätslehrgang Nachhaltiges Bauen
4 bzw. 2 Semester, berufsbegleitend, modularer Aufbau, in Deutsch
Universitätslehrgang Immobilienwirtschaft & Liegenschaftsmanagement
4 Semester, berufsbegleitend, modularer Aufbau, in Deutsch