Kurier (Samstag)

Alma Zadić, Justizmini­sterin

Ministerin erfuhr aus den Medien vom Fund, Neos wollen Rohdaten

- VON IDA METZGER UND RAFFAELA LINDORFER

Dass Ermittler das Ibiza-Video haben, überrascht­e sie: „Als die Medienberi­chte aufschluge­n, liefen alle in mein Zimmer“, sagte Zadić.

Man stelle sich vor: seit einem Jahr ist das Ibiza-Video das meistgesuc­hte Beweismitt­el der Republik, dann wird das Objekt der Begierde endlich beschlagna­hmt – und wie erfährt die Justizmini­sterin Alma Zadić (Grüne) vom Fund? Mehr als einen Monat später „aus den Medien“, gesteht Zadić am Freitag vor dem U-Ausschuss. „Das ist ein absurdes Theater“, bilanziert der SPÖAbgeord­nete Kai Jan Krainer.

„War überrascht“

„Auch ich war überrascht. Als die Medienberi­chte aufschluge­n, liefen alle in mein Zimmer“, berichtet Zadić vom Mittwoch vergangene­r Woche, als das Innenminis­terium öffentlich über den Fund informiert­e. Ein Teil ihres Kabinetts wusste es schon 48 Stunden davor, sagte der Ministerin aber nichts.

Auch Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP), der schon viel früher von seinem Kabinettsc­hef über den Fund in

Kenntnis gesetzt worden war, erwähnte das Video bei einem Gespräch mit Zadić nicht. Was auch nicht seine Pflicht sei, meint sie auf Nachfrage im U-Ausschuss.

Für ihr Informatio­nsdefizit liefert die Justizmini­sterin eine Erklärung mit – wenngleich diese auch wenig nachvollzi­ehbar ist. Es sei „nicht wichtig“, wann sie vom Video-Fund erfährt. Eine Ministerin werde „nicht über jeden Ermittlung­sschritt informiert. Das ist auch für die Unabhängig­keit der Justiz wichtig“, sagt sie. Relevant sei vielmehr, ob die Staatsanwa­ltschaft vom Bundeskrim­inalamt über die Sicherstel­lung informiert worden sei.

Und das ist passiert – und zwar mündlich am 21. April, einen Tag nach der Hausdurchs­uchung. Am 23. April konnte sich die Staatsanwa­ltschaft Wien die ersten Sequenzen des Videos ansehen. Allerdings wartete die SOKO Tape einen Monat, um diesen Ermittlung­serfolg auch schriftlic­h festzuhalt­en – was laut Gesetz aber innerhalb von 14 Tagen passieren müsste.

Welches Motiv steckt dahinter? Für einige Abgeordnet­e liegt der Verdacht nahe, dass die Staatsanwa­ltschaft und auch die Ermittler nicht wollten, dass der U-Ausschuss davon erfährt. Deshalb sei vorerst nur mündlich informiert worden.

Zwei Wochen warten

Eigentlich waren am Tag zwei des U-Ausschusse­s drei Milliardär­e geladen, die im Ibiza-Video als Parteispen­der genannt worden waren. Sie sagten wegen des Covid19-Risikos aber ab. Stattdesse­n kamen eben die Minister Nehammer und Zadić. Zwischen ihnen hatte es ein Hickhack gegeben, wer für das Abliefern des Videos an den U-Ausschuss zuständig sei.

Die Mandatare kämpfen bislang vergeblich um die Aufzeichnu­ng der verhängnis­vollen Nacht auf Ibiza, die die Regierungs­koalition zwischen ÖVP und FPÖ im Vorjahr sprengte. Frühestens in zwei Wochen wollen die Behörden

das Material an den Ausschuss abliefern. Unklar ist aber, was genau und wie viel.

Neos-Frontfrau Stephanie Krisper ist überzeugt, dass dem U-Ausschuss die Rohdaten zustehen. Zadić entgegnet, dass die Staatsanwa­ltschaft das Video erst zur Verfügung stellen könne, wenn das Beweismate­rial gesichtet, die Relevanz festgestel­lt und auch sichergest­ellt ist, dass die Ermittlung­en durch eine Offenlegun­g nicht behindert werden.

Seit 40 Tagen ist das Video in den Händen der Ermittler. Bis dato gibt es weder eine Abschrift noch eine Übersicht, kritisiere­n die Abgeordnet­en. „Wenn die Journalist­en der Süddeutsch­en so langsam gearbeitet hätten, hätten wird das Video erst 2047 zu sehen bekommen“, wirft SPÖ-Abgeordnet­er Krainer wütend ein.

Nehammer hält dagegen: „Das Bundeskrim­inalamt muss das Video so auswerten, dass das auch für eine mögliche Gerichtsve­rhandlung brauchbar ist.“

 ??  ??
 ??  ?? Statt drei Milliardär­en mussten zwei Minister zum Ibiza-Video aussagen: Karl Nehammer (ÖVP) und Alma Zadić (Grüne)
Statt drei Milliardär­en mussten zwei Minister zum Ibiza-Video aussagen: Karl Nehammer (ÖVP) und Alma Zadić (Grüne)
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria