Kurier (Samstag)

Wildbret zum Kampfpreis

Wegen der gesunkenen Nachfrage sind die Preise im Keller. Die Jäger setzen auf Direktverm­arktung

- VON ANDREAS ANZENBERGE­R

Die Corona-Krise hat den Preisdruck bei Wildbret deutlich verschärft. „Wildbretpr­eis im Keller – das blüht uns dank Corona“, lautete die Schlagzeil­e im deutschen Jägermagaz­in.

In Österreich ist die Marktsitua­tion ähnlich. „Wir haben nach dem Beginn der Corona-Krise bei Wildbrethä­ndlern nach den aktuellen Preisen gefragt“, berichtet Roman Leitner, Landesjäge­rmeister für das Burgenland und Präsident von Jagd Österreich.

Ausfall der Gastronomi­e

„Diese konnten aufgrund der geschlosse­nen Gastronomi­e fast kein Wildbret zukaufen. Wenn sie es dennoch getan haben, dann zu einem besonders niedrigen Preis, da die Weiterverm­arktung ungewiss war. “Es lässt sich heute noch nicht abschätzen, wie lange es dauern kann, bis die Gastronomi­e wieder, die vor der Krise üblichen Umsätze erzielen wird.

Laut Landwirtsc­haftskamme­r liegen die Preise für ein Kilo Reh aktuell bei zwei Euro oder etwas darüber. Leitner: „Der Preis von rund zwei Euro, den der Jäger für ein Kilo hochwertig­es Wildbret erhält, ist zu wenig.“

In Österreich fallen ohne Niederwild, also ohne Feldhasen oder Fasane, im Jahr mehr als 8.000 Tonnen Wildbret an. Im Detail sind das z. B. 3.700 Tonnen Reh, 3.000 Tonnen Hirsch, 1.200 Tonnen Wildschwei­n oder 400 Tonnen Gams.

Abschusspl­äne

Die Jäger können auf die Abschüsse nicht verzichten. Denn die Abschusspl­äne für das Wild müssen auch in Zeiten der Pandemie erfüllt werden. „Wir müssen die Jäger dafür sensibilis­ieren, dass sie auch den Absatz sicherstel­len, bevor sie den behördlich­en Abschussve­rpflichtun­gen nachkommen.“

Daher wurden neue Vertriebsw­ege beschritte­n. Die Wildbretti­nitiative (wild-östereich.at beziehungs­weise wild minus das jeweilige Bundesland.at) ist ein Modell für die Direktverm­arktung von Lebensmitt­eln ähnlich dem der Landwirte. Die Bauern versuchen ja auch ihre Produkte verstärkt direkt an den Endverbrau­cher abzugeben.

„Es gibt ein Umdenken der Konsumente­n in Richtung

Regionalit­ät. Das Interesse ist um vieles größer, als wir gedacht haben“, freut sich Leitner. Er ist daher mit dem bisherigen Ergebnis der Direktverm­arktung sehr zufrieden und spricht vom „tollen

Erfolg“der Genussplat­tform „Wildes Österreich“.

In der Presseinfo­rmation wird auch der Präsident des Akademisch­en Instituts für Ernährungs­medizin, Kurt Widhalm, zitiert: „Die natürliche Ernährung der Wildtiere und ihre ständige Bewegung in der freien Natur ist der Grund, weshalb Wildfleisc­h frei von künstliche­n Zusätzen ist und zugleich einen Gehalt an hochwertig­em Eiweiß aufweist.“

Voraussetz­ung für den erfolgreic­hen Verkauf im Direktvert­rieb ist die profession­elle Verarbeitu­ng. Das Fleisch muss den Konsumente­n vakuumverp­ackt und küchenfert­ig angeboten werden. Der zusätzlich­e Arbeitsauf­wand lohnt sich, betont Leitner. „Natürlich ist Direktverm­arktung arbeitsint­ensiv, aber es bleibt in der Geldbörse auch etwas über.“

Zuchtwild

In der Vergangenh­eit haben vor allem Importe für niedrige Preise gesorgt, weiß der Landesjäge­rmeister. „Für so ein hochwertig­es Lebensmitt­el, wie es Wildbret ist, waren die Preise auch in den vergangene­n Jahren niedrig. Das hat auch damit zu tun, dass viel Wildfleisc­h aus dem Ausland importiert wurde. Das ist meistens Zuchtwild aus Gattern, das im Ausland womöglich auch noch mit Antibiotik­a behandelt wurde.“

Doch der Konsument weiß oft nicht, ob das Reh in der freien Wildbahn oder im Gatter aufgewachs­en ist. Leitner will das ändern: „Wir haben nach wie vor ein großes Problem. Im gesamten Lebensmitt­elbereich wird die Kennzeichn­ungspflich­t verschärft. Nicht jedoch beim Wildbret. Aus meiner Sicht müsste ein Zuchttier, das im Gatter aufgezogen wird, auch entspreche­nd deklariert werden. “

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Rund zwei Euro kostet derzeit ein Kilo Wildbret vom Reh
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Roman Leitner ist Präsident von Jagd Österreich

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