Rückkehr der Maske im Alltag nur Frage der Zeit?
Ruf nach Maskenpflicht spaltet das Land
Corona. Eine Zeit lang war die Maske abseits der öffentlichen Verkehrsmittel verschwunden. Als Folge steigender Infektionszahlen tragen aber jetzt immer mehr Österreicher freiwillig die Maske auch auf offener Straße. Und es wird der Ruf nach einer verpflichtenden Maskenpflicht in Schulen, doch auch am Arbeitsplatz besonders von Expertenkreisen immer lauter. Aber noch stehen Politik, Wirtschaft und Standesvertreter auf der Bremse.
Beweis fehlt
Was die Maske umstritten macht: Zwar gibt es laut Medizinern Indizien für ihren Nutzen, ein eindeutiger Beweis würde jedoch fehlen. Schädlich sei sie aber keinesfalls.
„Anfang April gab es noch einen ziemlichen Streit darüber, ob es sinnvoll ist, Masken zu tragen oder nicht“, erinnert sich Amtsärztin Enikö Bán, die Leiterin des Gesundheitsamtes der Stadt Jena in Thüringen. Gleichzeitig gab es erste Hinweise, dass Infizierte bereits vor Symptombeginn andere Menschen anstecken können: „Da haben wir gesagt: Auf die Schnelle werden wir nicht mehr Daten bekommen – wir müssen jetzt einfach präventiv tätig werden.“Und so führte die „Lichtstadt Jena“am 6. April die Maskenpflicht im öffentlichen Raum ein – drei Wochen früher als die meisten deutschen Bundesländer.
„Seit diesem Zeitpunkt sind die Neuinfektionen bei uns stark zurückgegangen“, sagt die gebürtige Wienerin Bán. „Wobei es immer ein Zusammenspiel von Abstand, Hygiene und Alltagsmaske – der AHARegel – ist. Aber aus unserer Sicht ist der Nutzen der Masken erwiesen. Man sieht ja auch überall, wo Abstände nicht eingehalten und keine Masken getragen werden, dass die Infektionszahlen nach oben gehen – etwa in den USA.“
„Mittlerweile haben die Menschen verinnerlicht, dass in allen Geschäften Masken getragen werden“, sagt Stadtsprecher Kristian Philler. „Die Akzeptanz ist – auch durch eine große Info-Kampagne – sehr hoch. Und es gibt ein hohes Sicherheitsgefühl.“
Mit steigenden Infektionszahlen mehren sich auch in Österreich die Stimmen für eine Wiedereinführung der generellen Maskenpflicht in Innenräumen – der KURIER berichtete. Auf der anderen Seite gibt es kritische Stimmen, etwa den Leiter der Abteilung für öffentliche Gesundheit in der AGES, den Infektiologen Franz Allerberger: „Wir haben in Österreich bislang nicht nachweisen können, dass die Einführung der Maskenpflicht – was wir jetzt zwei Mal gehabt haben – irgendeinen Effekt hat auf den Verlauf der Inzidenzen (Anzahl der Neuerkrankungen, Anm.)“, sagte er in der ZIB2.
Für Gerd Fätkenheuer, den Leiter der Klinischen Infektiologie am Uniklinikum Köln, sind die unterschiedlichen Meinungen ein Ausdruck dessen, dass „ein eindeutiger Beweis“für den Nutzen der Masken nach wie vor fehle. „Es gibt zwar immer mehr direkte und indirekte Hinweise darauf, die Indizien für eine Schutzwirkung nehmen immer mehr zu, aber die wissenschaftliche Beweiskette ist noch nicht ganz vollständig“, sagt Fätkenheuer.
Da aber auf der anderen Seite die Maske zwar lästig, aber nicht schädlich ist, „würde ich auch in der Abwesenheit endgültiger Beweise doch zu einem großzügigen Gebrauch der Masken generell raten“.
Auch er sei anfänglich eher ein Kritiker gewesen: „Aber jetzt sehe ich schon zunehmend Erkenntnisse auf einen Schutzeffekt.“Und: „Die Abwesenheit eines Beweises bedeutet ja nicht, dass es keinen Zusammenhang gibt.“Dass in Supermärkten oder Verkehrsmitteln noch keine Cluster nachgewiesen werden konnten, „das sagt ja nicht viel. Hier ist ein Nachweis extrem schwierig, das ist methodisch fast gar nicht möglich, das nachzuweisen. Im Moment sehen wir eine diffuse Ausbreitung des Virus in der Bevölkerung, und diese können wir in Geschäften oder Verkehrsmitteln nicht wirklich gut entdecken. Gerade bei dieser diffusen Ausbreitung halte ich die Maske für eine wirkungsvolle Maßnahme, die uns schützen kann.“
„Schließungen verhindern“
„Das oberste Ziel muss sein, Schließungen zu verhindern – von Schulen, Geschäften oder Theatern zum Beispiel“, sagt Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der MedUni Wien: „Um das zu erreichen, müssen bei steigenden Infektionszahlen alle Register gezogen werden – und da gehören auch die Masken dazu.“In Österreich sei der Mindestabstand mit einem Meter ohnehin schon sehr gering bemessen, sagt Hutter: in allen englischsprachigen Ländern sind es sechs Fuß, also rund 1,8 Meter, in Deutschland zumindest 1,5 Meter. „Wenn dieser Abstand nicht einzuhalten ist, braucht es etwas, um das auszugleichen. Und da fällt mir wirklich nur die Maske ein. Außer es kommt jemand mit einer besseren Methode. Die sehe ich bis jetzt nicht. Die Alternative ist, wieder alles zuzusperren.“
Ob es zu einer Ausweitung der Maskenpflicht kommt, ist derzeit offen: „Die Lage wird laufend beobachtet“, heißt es im Gesundheitsministerium. „Wenn es nötig ist, werden wir zusätzliche Maßnahmen setzen. Derzeit ist aber nichts aktuell geplant.“
„Mit der Einführung der Maskenpflicht bereits am 6. April ist die Zahl der Neuinfektionen stark zurückgegangen“Enikö Bán Gesundheitsamt Jena