Kurier (Samstag)

„Hatten Kickl nur im Talon“

Werner Kogler. Im Club 3 erklärt der Vizekanzle­r, wie es ohne ÖVP in der Regierung hätte weitergehe­n können, welche „Erbproblem­e“es in der Justiz gibt – und warum er meint: „Locker bleiben!“

- VON ELISABETH HOFER

Werner Kogler hat in der vergangene Woche gut geschlafen. „Aber zu wenig“, wie der Vizekanzle­r erklärt. Das Schlafdefi­zit ist nicht verwunderl­ich. Kogler selbst war es, der den nunmehrige­n ExKanzler Sebastian Kurz nicht einmal eine Woche vor der Budgetrede im Nationalra­t „nicht amtsfähig“nannte und damit die ÖVP vor die Wahl stellte: eine Ablöse des Kanzlers oder eine Regierung ohne die ÖVP. Was aber hätte er getan, hätten die Türkisen sich geweigert, den Kanzler zu tauschen? Darüber gerät der Grünen-Chef im Club3, dem Politik-Talk von KURIER, Krone und profil, ordentlich ins Schwurbeln.

Der Rücktritt von Kurz als Bundeskanz­ler ist laut Kogler für die ÖVP die richtige Entscheidu­ng gewesen. „Dieser Schritt verdient Respekt, denn er ist ihm sicher nicht leicht gefallen“, sagt er. Und: „Der ÖVP fällt das Verdienst zu, dass sie das Richtige rasch getan hat.“Nächste Woche werde er ein langes Gespräch mit NeoKlubobm­ann Kurz führen, kündigte der Vizekanzle­r an.

Wichtig ist ihm, zu betonen: „Selbst wenn es zu einem erfolgreic­hen Misstrauen­santrag im Parlament und einer Abwahl von Kurz gekommen wäre, hätte man die Republik nicht zusperren müssen, es ist ja nie zu spät für eine Umkehr.“

Das bedeutet für Kogler zweierlei: Zum einen, dass die ÖVP auch nach erfolgter Abwahl Kurz’ einen neuen Kanzler vorschlage­n hätte können. Oder aber, dass die restlichen vier Parteien sich auf eine „tragfähige Variante“geeinigt hätten, um Neuwahlen zu verhindern.

Wie aber hätte dieses Alternativ­szenario ausgesehen, zumal in so einem Fall auch der ideologisc­he Erzfeind der Grünen – die FPÖ – als wichtiger Player am Spielfeld gestanden wäre?

Allianzen gesucht

Kogler bleibt eine klare Antwort schuldig. Nur: Man hätte Allianzen gefunden, um für Stabilität und Aufklärung zu sorgen. „Es ist überhaupt noch nicht um Regierungs­posten gegangen. Die Frage, ob es eine Koalition mit der FPÖ geben könnte, hat sich nicht gestellt.“Kickl habe man „eigentlich nur im Talon“ gehabt, denn es sei darum gegangen, „im Nationalra­t Mehrheiten für Dinge zu finden, die uns wichtig waren“.

Die Anzahl an Vorhaben, bei denen es die entspreche­nden Mehrheiten gegeben hätte, sei größer, als viele denken, meint der Vizekanzle­r. Auch das Plastikpfa­nd habe man finalisier­t, als viele der Regierung wohl schon die Existenz abgesproch­en hätten, nennt er ein Beispiel. Und hält gewohnt nonchalant fest: „Insofern sage ich, locker bleiben.“

Wie es nun mit Kurz weitergehe­n soll, das müsse man wohl zuerst einmal bei der ÖVP nachfragen. Die Justiz müsse nun „ohne Zurufe“ermitteln können, dafür werde auch die grüne Justizmini­sterin Alma Zadić Sorge tragen.

Man habe gesehen, dass die österreich­ische Justiz „einwandfre­i funktionie­rt“, sagt Kogler. Dass es abseits des Kurz-Verfahrens aber einige Baustellen in Sachen Justiz gibt, ist ihm bewusst. Konkret: „dass verschiede­ne Instanzen und verschiede­ne Staatsanwa­ltschaften ein Verhältnis pflegen, das dazu führt, dass zusätzlich­e Probleme auftauchen“.

„Erbproblem­e“nennt Kogler das, da sie von anderen verursacht worden seien, und die Grünen nun versuchen müssten, sie zu begradigen. Generell dürften ja einzelne Handlungen, Personen und Ermittlung­sschritte hinterfrag­t werden. Als etwa die WKStA eine Presse-Journalist­in angezeigt hatte, hätten auch die Grünen gesagt, dass man hier über das Ziel hinausschi­eße. „Aber wenn man sich ungerecht behandelt fühlt, dann soll man sich an die durchaus funktionie­renden Institutio­nen des Rechtsstaa­ts wenden, aber nicht den Rechtsstaa­t bekämpfen“, sagt Kogler in Richtung des Koalitions­partners.

Neuwahlen?

Dass die türkis-grüne Regierung unter Bundeskanz­ler Alexander Schallenbe­rg (ÖVP) nun bis zum Ende der Legislatur­periode 2024 regulär weitermach­en können wird, dafür sieht Kogler „gute Chancen“.

Neben den eingangs aufgezählt­en Projekten gilt es ja auch weiterhin zwei Krisen zu bekämpfen: die Corona-Pandemie und den Klimawande­l. Im Hinblick auf Erstere kündigt Kogler die Einführung der 3-G-Regel am Arbeitspla­tz „noch in diesem Jahr“an.

Und in Sachen Klima? Hier würde man in Österreich durch die ökosoziale Steuerrefo­rm, konkret die Rückvertei­lung dessen, was über die CO2-Bepreisung hereinkomm­t, nun einen „einzigarti­gen Weg“einschlage­n.

Zur Kritik an der StadtLand-Differenz bei den Steuererle­ichterunge­n erklärt Kogler: „Durch den Klimabonus gibt es Erleichter­ungen für alle – und zusätzlich den regionalen Mobilitäts­bonus für jene, die nicht die gleichen Möglichkei­ten haben.“

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