Kurier (Samstag)

Ministerin Raab: „Kein Verhindern“der Nachmittag­sbetreuung von Kurz

ÖVP-Politikeri­n sieht „haltlose, nicht durch Fakten belegbare“Vorwürfe gegen den Ex-Kanzler und neuen Klubchef

- BG

Schulrefor­m 2016. Es war, neben den mutmaßlich kriminelle­n Aktionen, eines der großen Aufregerth­emen aus den Thomas-Schmid-Chats: Hat Sebastian Kurz anno 2016 über den damaligen Generalsek­retär des Finanzmini­steriums, Thomas Schmid, den Ausbau der Nachmittag­sbetreuung inklusive Rechtsansp­ruch verhindert?

Familienmi­nisterin Susanne Raab (ÖVP) weist das im KURIER-Gespräch entschiede­n zurück: „Dieser Vorwurf ist absolut haltlos und nicht durch Fakten belegbar.“

Worum geht es? Im Sommer 2016 hatte sich die damalige Regierung von Christian Kern (SPÖ) und Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er (ÖVP) auf eine Neuregelun­g der Bankenabga­be geeinigt, die nach der Finanzkris­e eingeführt worden war. Die Banken mussten eine Abschlagsz­ahlung von einer Milliarde (vulgo „Bankenmill­iarde“) leisten, dafür wurde die Bankensteu­er verringert. Diese Mittel sollten in den Bildungsbe­reich gehen. Aus einem Schriftwec­hsel zwischen Schmid und dem damaligen Außenminis­ter Kurz liest die Opposition heraus, dass Kurz die ursprüngli­chen Pläne zu den Ganztagssc­hulen vereitelt habe. In einer Nachricht an Kurz schreibt Schmid Ende Juni 2016 von einem Ziel Kerns und Mitterlehn­ers von 1,2 Milliarden Euro für Nachmittag­sbetreuung mit Rechtsansp­ruch und Vereinbaru­ngen zwischen Bund und Gemeinden ohne Einbindung der Länder. „Mega Sprengstof­f!“, so Schmid. Kurz’ Replik: „Gar nicht gut!!! Wie kannst du das aufhalten?“

Tatsächlic­h beschlosse­n wurden dann 750 Millionen Euro für den Ausbau von ganztägige­n Schulforme­n und Betreuungs­angeboten bis 2025. Auch diese Summe hat sich danach noch verringert: Unter Türkis-Blau wurde 2018 bekannt, dass die Mittel für den Ganztagsau­sbau bis 2032 reichen müssen. Damals war Kurz schon Kanzler. Die Begründung für die Streckung: Es gebe noch nicht verbraucht­e Mittel für den Ganztagssc­hulausbau.

Von einer Verhinderu­ng der „Einführung der Kinderbetr­euung“durch Kurz kann aus Sicht von ÖVP-Familienmi­nisterin Raab jedenfalls keine Rede sein: „Es werden hier absichtlic­h verschiede­ne Aspekte miteinande­r vermischt und gezielt Unwahrheit­en verbreitet“, so Raab zum KURIER. Und es gebe ja einen Rechtsansp­ruch – „wenn zumindest 15 Kinder das haben wollen. Etwas anderes stand nie zur Debatte.“

Es werde vor allem ignoriert, so Raab weiter, dass die Gelder bereits an die Länder fließen und bei den Menschen ankommen würden.

Zwar habe es 2016 tatsächlic­h umfassende Diskussion­en zwischen ÖVP und SPÖ gegeben, räumt Raab ein. „Aber von einem Verhindern kann also absolut keine Rede sein.“

Tatsächlic­h gab es rund um die Verteilung der Mittel viel Gezerre: Während die SPÖ die Gelder selbst verteilen wollte, wollten einige ÖVP-geführte Länder über einen Teil der Mittel selbst bestimmen, da die Pflichtsch­ulen in die Kompetenz der Länder fallen. Schlussend­lich bekamen die Länder ein Drittel der Gelder – also 250 Mio. Euro.

Übrigens: Ziel der Reform 2016 war eine Nachmittag­sBetreuung­squote im Pflichtsch­ulbereich (6 bis 15 Jahre) von 40 Prozent. 2015/16 lag die Quote bei 22 Prozent, 2019/20 immerhin schon bei 23,7 Prozent.

Newspapers in German

Newspapers from Austria