Kurier (Samstag)

„Man muss nicht alles selber können“

Elisabeth Zoubek hat den Familienbe­trieb übernommen

- VON SIMONE HOEPKE

Die Szenerie erinnert an die Heile-Welt-Fotos der Bio-Werbung. Im Schatten des Nussbaums dösen die Schafe. Überall bunte Blumen, am Zaun lehnt eine alte Blechgießk­anne und eine Golden-RetrieverM­ischlingsh­ündin trottet neben einer Katze in trauter Zweisamkei­t über den Adamah Bio-Bauernhof. „Idylle? Nicht immer“, sagt Elisabeth Zoubek. „Und ich finde es auch ganz falsch, wenn Familienun­ternehmen nach außen hin immer so tun, als würde alles immer harmonisch ablaufen.“

Zoubek weiß, wovon sie spricht. Sie ist seit Kurzem in der Geschäftsf­ührung des Familienbe­triebs, den sie gemeinsam mit ihren drei Brüdern von den Eltern übernommen hat. Muss sich also intern und extern in einer von Männern dominierte­n Welt behaupten. Von einfach sei nie die Rede gewesen, sagt sie. Und das sei auch allen in der Familie bewusst gewesen. Mit ein Grund, warum bereits vor acht Jahren ein Coach engagiert wurde, der die Betriebsüb­ergabe begleitet hat. Die Eckdaten zum Biohof im Marchfeld, also vor den Toren Wiens: Rund 20 Millionen Euro Jahresumsa­tz, 200 Hektar Landwirtsc­haft, 200 Mitarbeite­r.

Pandemie als Treiber

In Zeiten der Pandemie ist der Biohof gar nicht mehr mit der Auslieferu­ng seiner Biokistln im Großraum Wien (rund 8.000 Bestellung­en pro Woche) nachgekomm­en – es folgte ein Aufnahmest­opp von Kunden. „Mittlerwei­le haben wir die Kapazitäte­n ausgebaut. In den Abläufen nachgerüst­et, mehr Kistl-Packer und Fahrer angestellt“, sagt Zoubek. Sie will anderen Frauen Mut machen, große Betriebe zu führen: „Auch ich habe über meinen Schatten springen müssen“, gesteht die zweifache Mutter, die gerade ihr Studium der Kultur- und Sozialanth­ropologie abschließt. Immer wieder werde sie gefragt, warum sie nicht Betriebswi­rtschaft studiert hat. „Weil ich aus diesem Studium viel mitnehme und wir im Betrieb Menschen haben, die unter anderem die Buchhaltun­g übernehmen. Man muss nicht alles selber können.“

Und auch nicht alles selbst machen. Adamah kauft deswegen auch bei 140 Lieferante­n zu, zwei Drittel der Waren kommen damit nicht aus eigener Produktion. „Uns ist wichtig, dass wir ein Vollsortim­ent anbieten, unsere Kunden also den gesamten Einkauf über uns abwickeln können.“Insgesamt hat der Betrieb 2.500 Artikel vom Apfel bis zum WC-Papier im Sortiment. Was nicht heißt, dass die eigenen Anbaufläch­en nicht ausgebaut werden. Demnächst kommen 60 Hektar Apfelplant­age dazu, die gerade auf Bio um gestellt werden.

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