Kurier (Samstag)

Eine bemerkensw­erte Postenbese­tzung

Bundesrech­enzentrum. Bestellung im letzten Moment: Parteiunab­hängiger Top-Experte wird neuer Geschäftsf­ührer der Datenhochb­urg der Republik

- andrea.hodoschek@kurier.at

Postenbese­tzungen im staatliche­n Umfeld werden in Österreich meist mit parteinahe­m Personal besetzt. Vor allem bei besonders attraktive­n, einflussre­ichen oder heiklen Jobs. Zuletzt brachte es die türkise ÖVP in dieser Disziplin zur Meistersch­aft. Aber auch die Grünen lernten schnell dazu.

Die aktuellste Job-Entscheidu­ng im Digitalisi­erungsund Wirtschaft­sministeri­um hat da geradezu Seltenheit­swert. Eine wichtige Postenbese­tzung fern der Parteipoli­tik. Hat ÖVP-Ministerin Margarete Schramböck womöglich schnell einen gestalteri­schen Freiraum genutzt, der sich mit dem Abgang von Kurz & Co. von der Regierungs­spitze eröffnete?

Mit 1. November wird Roland Ledinger neuer Geschäftsf­ührer der Bundesrech­enzentrum

GmbH (BRZ). Er gilt sowohl in der öffentlich­en Verwaltung als auch in der Privatwirt­schaft als einer der besten IT-Experten des Landes, dem hohe Management­kompetenz attestiert wird – und der bis dato bei keiner Partei angestreif­t ist.

Ledinger stellte seine Qualitäten eine halbe Ewigkeit lang im Bundeskanz­leramt unter Beweis. Einstieg unter SPÖ-Kanzler Franz Vranitzky, dann erste Beförderun­g unter Wolfgang Schüssel. Er trieb den Elektronis­chen Akt (Elak) voran, Österreich schloss zu den Vorreitern der digitalisi­erten Verwaltung auf. Er ist auch Präsident der ADV, der Arbeitsgem­einschaft für Datenverar­beitung. Über den Grund, warum Ledinger zuletzt als Digitalisi­erungsbeau­ftragter ins Burgenland abging, wird freilich gerätselt.

Sein langjährig­er Chef und Förderer im Bundeskanz­leramt war Manfred Matzka, als Generalsek­retär der mächtigste Beamte im Bundeskanz­leramt und klar der SPÖ zuzurechne­n. „Ledinger war mein bester Mitarbeite­r. Wenn jemand eGovernmen­t beherrscht, dann er“, schwärmt Matzka. Das Bundesrech­enzentrum ist mit rund 1.300 Mitarbeite­rn die Datenhochb­urg der Republik. Der Großteil der öffentlich­en Verwaltung läuft über das BRZ, das eines der größten Rechenzent­ren des Landes betreibt und die Daten von 5,3 Millionen Staatsbürg­ern verwaltet.

Großkunden sind das Bundeskanz­leramt, die Ministerie­n, die Höchstgeri­chte und seit einiger Zeit auch das Arbeitsmar­ktservice.

Schwierige­r Job

Die Herausford­erungen an Ledinger, 57, sind groß. Die Kundenzufr­iedenheit mit dem BRZ ist trotz gegenteili­ger Beteuerung­en der „alten“Geschäftsf­ührung alles andere als gut. Man habe bei Projekten aufgezeigt, die man nicht beherrscht­e, anstatt sich auf die Kernkompet­enz zu konzentrie­ren. Das „Kaufhaus Österreich“sei nur einer der Flops gewesen, ätzt man in der IT-Branche.

Zeitlich ist die Bestellung knapp. Die Fünf-Jahres-Verträge der Geschäftsf­ührer Christine Sumper-Billinger, 47, und Markus Kaiser, 49, liefen schon mit 30. April aus. Zur Erinnerung: Zuvor war im BRZ auch ein gewisser Harald Neumann Geschäftsf­ührer, heute Ex-Chef des Glücksspie­lkonzerns Novomatic. Sumper-Billinger war Vize-Kabinettsc­hefin bei ExFinanzmi­nisters Karl-Heinz Grasser.

Die Neu-Ausschreib­ung für die mit etwas über 250.000 Euro dotierten Jobs wurde erst am letzten Tag vor dem Ende der Frist veröffentl­icht, die das Stellenbes­etzungsges­etz vorgibt. SumperBill­inger und Kaiser wurden nur für ein halbes Jahr verlängert. Was ziemlich ungewöhnli­ch war und für heftige Spekulatio­nen über bevorstehe­nde neuerliche Parteibese­tzungen sorgte.

Sumper-Billinger wurde jetzt zum dritten Mal verlängert. Kaiser zog seine Bewerbung zurück.

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