Eine bemerkenswerte Postenbesetzung
Bundesrechenzentrum. Bestellung im letzten Moment: Parteiunabhängiger Top-Experte wird neuer Geschäftsführer der Datenhochburg der Republik
Postenbesetzungen im staatlichen Umfeld werden in Österreich meist mit parteinahem Personal besetzt. Vor allem bei besonders attraktiven, einflussreichen oder heiklen Jobs. Zuletzt brachte es die türkise ÖVP in dieser Disziplin zur Meisterschaft. Aber auch die Grünen lernten schnell dazu.
Die aktuellste Job-Entscheidung im Digitalisierungsund Wirtschaftsministerium hat da geradezu Seltenheitswert. Eine wichtige Postenbesetzung fern der Parteipolitik. Hat ÖVP-Ministerin Margarete Schramböck womöglich schnell einen gestalterischen Freiraum genutzt, der sich mit dem Abgang von Kurz & Co. von der Regierungsspitze eröffnete?
Mit 1. November wird Roland Ledinger neuer Geschäftsführer der Bundesrechenzentrum
GmbH (BRZ). Er gilt sowohl in der öffentlichen Verwaltung als auch in der Privatwirtschaft als einer der besten IT-Experten des Landes, dem hohe Managementkompetenz attestiert wird – und der bis dato bei keiner Partei angestreift ist.
Ledinger stellte seine Qualitäten eine halbe Ewigkeit lang im Bundeskanzleramt unter Beweis. Einstieg unter SPÖ-Kanzler Franz Vranitzky, dann erste Beförderung unter Wolfgang Schüssel. Er trieb den Elektronischen Akt (Elak) voran, Österreich schloss zu den Vorreitern der digitalisierten Verwaltung auf. Er ist auch Präsident der ADV, der Arbeitsgemeinschaft für Datenverarbeitung. Über den Grund, warum Ledinger zuletzt als Digitalisierungsbeauftragter ins Burgenland abging, wird freilich gerätselt.
Sein langjähriger Chef und Förderer im Bundeskanzleramt war Manfred Matzka, als Generalsekretär der mächtigste Beamte im Bundeskanzleramt und klar der SPÖ zuzurechnen. „Ledinger war mein bester Mitarbeiter. Wenn jemand eGovernment beherrscht, dann er“, schwärmt Matzka. Das Bundesrechenzentrum ist mit rund 1.300 Mitarbeitern die Datenhochburg der Republik. Der Großteil der öffentlichen Verwaltung läuft über das BRZ, das eines der größten Rechenzentren des Landes betreibt und die Daten von 5,3 Millionen Staatsbürgern verwaltet.
Großkunden sind das Bundeskanzleramt, die Ministerien, die Höchstgerichte und seit einiger Zeit auch das Arbeitsmarktservice.
Schwieriger Job
Die Herausforderungen an Ledinger, 57, sind groß. Die Kundenzufriedenheit mit dem BRZ ist trotz gegenteiliger Beteuerungen der „alten“Geschäftsführung alles andere als gut. Man habe bei Projekten aufgezeigt, die man nicht beherrschte, anstatt sich auf die Kernkompetenz zu konzentrieren. Das „Kaufhaus Österreich“sei nur einer der Flops gewesen, ätzt man in der IT-Branche.
Zeitlich ist die Bestellung knapp. Die Fünf-Jahres-Verträge der Geschäftsführer Christine Sumper-Billinger, 47, und Markus Kaiser, 49, liefen schon mit 30. April aus. Zur Erinnerung: Zuvor war im BRZ auch ein gewisser Harald Neumann Geschäftsführer, heute Ex-Chef des Glücksspielkonzerns Novomatic. Sumper-Billinger war Vize-Kabinettschefin bei ExFinanzministers Karl-Heinz Grasser.
Die Neu-Ausschreibung für die mit etwas über 250.000 Euro dotierten Jobs wurde erst am letzten Tag vor dem Ende der Frist veröffentlicht, die das Stellenbesetzungsgesetz vorgibt. SumperBillinger und Kaiser wurden nur für ein halbes Jahr verlängert. Was ziemlich ungewöhnlich war und für heftige Spekulationen über bevorstehende neuerliche Parteibesetzungen sorgte.
Sumper-Billinger wurde jetzt zum dritten Mal verlängert. Kaiser zog seine Bewerbung zurück.