Kurier (Samstag)

Anti-Corona-Spaziergan­g: Strafen für Anführerin der Verschwöru­ngstheoret­iker

Marsch in Schutzanzü­gen hat juristisch­es Nachspiel. Mögliche Zeugen konnten nicht in Verhandlun­gssaal, weil sie 3-G-Regeln ablehnen

- PATRICK WAMMERL

Prozess. Die gelernte Maschinenb­au-Technikeri­n jobbte als Zahnarzt-Assistenti­n und Verkäuferi­n, derzeit nennt sie das Arbeitsmar­ktservice als ihren Arbeitgebe­r. Was sie zur Expertin in Sachen CoronaMaßn­ahmen und epidemiolo­gischer Entwicklun­g macht, das ließ sie am Freitag am Landesverw­altungsger­icht (LVwG) in Wiener Neustadt unbeantwor­tet. In dem Prozess geht es um eine Reihe strafbarer Handlungen im Zuge einer Corona-Demo am 4. Dezember 2020.

Jennifer Klauninger (30) ist eine der schillernd­en Figuren der Anti-Corona-Bewegung. Unter dem Titel „Spaziergän­ge“zeichnete sich die Wiener Neustädter­in für die ersten Protestmär­sche gegen die Covid-19-Maßnahmen der Regierung verantwort­lich. Zweifelhaf­te Bekannthei­t erlangte sie aber schon während der Flüchtling­skrise 2015, als sie gegen die unkontroll­ierte Zuwanderun­g auf die Straße ging.

Für Passanten war es ein verstörend­es Bild, wie Klauninger im Dezember des Vorjahres zusammen mit knapp 20 Gleichgesi­nnten durch die Wiener Neustädter Innenstadt zog – in Schutzanzü­gen aus Plastik, die Gesichter mit Phantommas­ken verhüllt und lautem Gestammel aus dem Lautsprech­er und den Kehlen der Corona-Leugner. Der Protest richtete sich gegen die Maßnahmen der Regierung.

Die Versammlun­g war nicht angemeldet und somit illegal, die Teilnehmer weigerten sich, die Kundgebung aufzulösen und verharrten somit in einer strafbaren Handlung. Dazu kamen noch eine ganze Reihe von Ordnungsst­örungen. Deswegen brummte die Landespoli­zeidirekti­on der 30-Jährigen eine saftige Strafe von knapp 1.700 Euro auf – nach dem Polizeistr­afgesetz, dem Sicherheit­spolizeiso­wie dem Versammlun­gsgesetz. Klauninger berief, weshalb der Akt auf dem Tisch von Richter Andreas Pichler vom LVwG landete. Dem erfahrenen Juristen versuchte die 30Jährige weiszumach­en, dass nicht sie hinter der Kundgebung stand. „Es war ja nur ein künstleris­cher Spaziergan­g, keine Versammlun­g. Wir haben uns am Tag davor über soziale Medien verabredet. Die Idee ist gemeinscha­ftlich entstanden“, so die Frau.

Zutritt verboten

Apropos Gemeinscha­ft: Klauninger­s Gefolgsleu­te, die sie gerne als Zeugen gesehen hätte, schafften es nicht in den Verhandlun­gssaal. Weil sie sich am Eingang weigerten, einen 3-G-Nachweis zu erbringen, kam es zu einem Wortgefech­t mit dem Sicherheit­spersonal und der Polizei.

Für Klauninger­s Anführerol­le bei der Demo spricht, dass sie die einzige Teilnehmer­in war, die mit den Polizisten heftigst diskutiert­e und stritt. „Frau Klauninger hat die Führung der Gruppe gehabt“, schildert einer der damals diensthabe­nden Polizisten. Sie machte keinen Hehl daraus, die Schutzausr­üstung kurz zuvor gekauft zu haben.

Auf die Frage, warum man sie dann nicht festgenomm­en habe, antwortete der Beamte, dass man nach Rücksprach­e mit den Vorgesetzt­en auf „Deeskalati­on“gesetzt habe. „Man wollte ihnen auch sicher keinen MärtyrerSt­atus auferlegen“, sagte Pichler. Der Richter vertagte den Prozess auf November.

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