Kurier (Samstag)

Ein Spiel um Leben und Tod als Netflix-Hit Squid Game.

Wie die brutale Serie aus Südkorea weltweit erfolgreic­h wurde

- VON NINA OBERBUCHER Hauptdarst­eller Lee Jung-jae (Mitte) in „Squid Game“

Wer in den vergangene­n Wochen das Internet aufgedreht hat, dem werden Bilder von Menschen in seltsamen roten Ganzkörper­anzügen und grüner Trainingsm­ontur nicht entgangen sein. Es handelt sich dabei nicht um eine mysteriöse Sportchall­enge, sondern um Impression­en der neuen südkoreani­schen Netflix-Produktion „Squid Game“, die dieser Tage „Bridgerton“als erfolgreic­hste Serie des Streamingd­ienstes vom Thron gestoßen hat.

Laut Unternehme­nsangaben – unabhängig­e Messungen zu Netflix-Zuschauerz­ahlen existieren nicht – konnten seit der Premiere am 17. September 111 Millionen Fans erreicht werden. Und das, obwohl „Squid Game“weder auf einer bekannten Vorlage beruht, die eine große Fanbase mit sich bringen würde, noch wie die bisherige Nummer 1 bei

Netflix mit royalem Pomp und viel nackter Haut aufwarten kann.

Die neun Episoden der neuen Hype-Serie drehen sich um einen dystopisch­en Spielewett­bewerb. Dem Gewinner oder der Gewinnerin wird ein mehrstelli­ger (umgerechne­t) Millionenb­etrag in Aussicht gestellt. Eine Gelegenhei­t, die für die 456 hoch verschulde­ten Teilnehmer wie gerufen kommt. Die zu bewältigen­den Aufgaben scheinen nicht allzu schwierig – es handelt sich um Kinderspie­le à la „Zimmer, Küche, Kabinett“. Doch was die

Kandidaten vorher nicht wissen: Wer verliert, stirbt. Aussteigen während eines Spiels unmöglich.

Meme-Flut

„Squid Game“, das zumindest außerhalb Südkoreas ohne großes Tamtam im Vorfeld gestartet ist, hat mittlerwei­le das Internet erobert. Memes überfluten soziale Medien, zur Serie passende Keksrezept­e werden genauso geteilt wie Kostüm-Ideen für Halloween. Sogar in China, wo Netflix nicht verfügbar ist, wurde „Squid Game“Medienberi­chten zufolge durch offensicht­liche Piraterie zum Hit. Manche Fans veranstalt­eten gar eigene Spieleturn­iere – an einer belgischen Schule war es dabei zu Prügeleien gekommen. Aber es gibt auch erfreulich­e Effekte: Der Online-Sprachkurs­anbieter Duolingo teilte mit, dass sich seit Serienstar­t 40 Prozent mehr Nutzer für Koreanisch­kurse registrier­t haben als im Vorjahr.

Serienschö­pfer Hwang Dong-hyuk, dem die Idee zu „Squid Game“während der Finanzkris­e 2008 kam, hat mit seiner Kapitalism­uskritik offenbar einen Nerv getroffen. Das Spielen um Leben und Tod sorgt für Spannung – ähnlich wie zuletzt in den Filmen „Maze Runner“und „Tribute von Panem“– und wirft gleichzeit­ig ein Schlaglich­t auf fragwürdig­e Entertainm­entgewohnh­eiten.

„Squid Game“reiht sich ein in eine Riege erfolgreic­her Kulturexpo­rte aus Südkorea wie die K-Pop-Band BTS oder den Oscar-prämierten Film „Parasite“.

Ob es eine zweite Staffel der Serie geben wird, steht noch nicht fest. Hwang Dong-hyuk würde sich dabei jedenfalls Unterstütz­ung von anderen Autoren und Regisseure­n holen, wie er in einem Interview erklärte: Während der Dreharbeit­en zu Staffel 1 habe er vor lauter Stress sechs Zähne verloren.

Newspapers in German

Newspapers from Austria