Solidarische Hochleistungsgesellschaft
Mehr „Life“statt „Work“? Das bringt die ganze Gesellschaft unter Druck. Künftig müssen die Österreicher wohl wieder mehr arbeiten
Ursula von der Leyen hat in ihrer großen Rede zur Lage der Europäischen Union diese Woche angekündigt, Europa vor Konkurrenz aus China schützen zu wollen. Was sie nicht dazugesagt hat: Man sollte auch ein bisschen mehr über die Rückkehr zur Leistungsgesellschaft und ein bisschen weniger über Work-Life-Balance sprechen: Das Wort löst ausschließlich positive Assoziationen aus. Die Tendenz zur Gemütlichkeit hat in Zeiten des Arbeitskräftemangels aber auch Schattenseiten. Ziemlich unangenehme sogar.
Zum Beispiel, dass es in Österreich selbst im Akutfall nicht mehr möglich ist, schnell einen Operationstermin in einem öffentlichen Spital zu bekommen, weil teure OP-Säle mangels Personal unbenützt bleiben. In der Schule unterrichten Quereinsteiger, für die Pflege der alten Eltern muss Betreuung von weit her geholt werden. Am
Sonntag bleibt das Wirtshaus geschlossen. Die große Unlust, Vollzeit, abends oder gar am Wochenende zu arbeiten, führt außerdem nicht selten zu vollkommener Selbstausbeutung der kleinen Selbstständigen: Der Installateur oder die Kleinstadt-Konditorin arbeiten dann eben 100 Wochenstunden.
Weil sich jetzt auch noch eine Rezession auf leisen Sohlen heranschleicht, sei die Prognose gewagt, dass die Österreicher in Zukunft mehr statt weniger arbeiten werden (müssen). Dennoch wird man weiterhin Arbeitsmigration brauchen. Dazu ist es notwendig, vom hohen Ross herabzusteigen: Nein, wir sind kein besonders interessantes Zielland für Pflegekräfte aus Indien oder Südamerika. Es gibt keine Willkommenskultur für Leistungsträger, sondern bürokratische Abschreckung, langwierige Nostrifizierungsverfahren für eine im Ausland abgeschlossene Ausbildung und mit Deutsch außerdem eine Sprachbarriere. Da zieht man lieber nach Großbritannien oder Australien. Ein Bravo für das Land Tirol, das eine „Onboardingstelle“für arbeitswillige Ausländer schafft.
Ja, es ist natürlich gut, dass Unternehmen gezwungen sind, ihren Mitarbeitern gute Arbeitsbedingungen, ordentliche Gehälter und Wertschätzung zu bieten. (Letzteres wird im Trubel des Arbeitsalltags leider oft vergessen.) Andererseits ist es Zeit für mehr Realitätssinn: Asiatische Länder sind auch deshalb im Vormarsch, weil unbedingter Leistungs- und Aufstiegswille „normal“ist. Noch sind wir in Europa kreativer, flexibler und besser gebildet. Aber das schwindet. Die Gesellschaft ist ein wenig satt und verwöhnt geworden. Das ist gefährlich, weil hohe Energiepreise, Steuerlast und Überregulierung den Wirtschaftsstandort Europa ebenfalls schwächen. Es gab einmal einen (sozialdemokratischen!) Kanzler, der die „solidarische Hochleistungsgesellschaft“propagierte. Man stelle sich vor, das würde ein ÖVP-Kanzler fordern. Wie wär’s, wenn er es sich dennoch trauen würde?
Die heimische Gastro-Branche ist mit ihren 41.000 Betrieben rund 8 Milliarden Euro schwer – jeder zehnte Österreicher speist mindestens dreimal pro Woche außer Haus. Brösel gehören damit zum Alltagsgeschäft: Gleich mehrere Konflikte zwischen Gästen und Gastronomen sorgten in den vergangenen Wochen für öffentliche Aufmerksamkeit. Nicht nur, dass Spitzenrestaurants nach amerikanischem Vorbild sogenannte No-Show-Gebühren – also Stornogebühren bei Nicht-Erscheinen – verlangen. Auch Vorfälle von Zechprellerei mit Körperverletzung rückten das ungebührliche Verhalten von manchen Gästen in den Mittelpunkt.
Es mag wenig lustvoll klingen, aber in all diesen Auseinandersetzungen geht es um die Erfüllung eines Vertrags. Sowohl Gäste als auch Wirte haben Rechte und Pflichten – was das in der Praxis heißt, hat der KURIER bei Wirtschaftskammer (WKO) und Verein für Konsumenteninformation (VKI) erfragt.
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Laut WKO hat der Gast die Pflicht, die erhaltenen Speisen und Getränke zu bezahlen. Zu entlohnen ist der volle Rechnungsbetrag nach erbrachter Leistung. Der Gastwirt muss sich mit Raten nicht zufriedengeben. Es gibt auch kein Recht des Gastes auf „Anschreibenlassen“. Ist der Gast nicht in der Lage zu bezahlen, kann Zechprellerei vorliegen. Das ist eine Vertragsverletzung und auch ein strafbarer Tatbestand, nämlich ein Betrugsdelikt.
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Sofern der Gast zahlen möchte und längere Zeit niemand kommt, um die Zahlung entgegenzunehmen, wäre eine Möglichkeit, die aus der
Speisekarte selbst errechnete Summe am Tisch liegen zu lassen, so die WKO. Eine andere Möglichkeit wäre, das Entgelt auf dem Bankweg zu überweisen. Hier könnten an der Schank beispielsweise auch der Name und die Adresse hinterlassen werden, damit die Rechnung zugesendet werden kann.
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Wenn der Wirt die Bestellung vom Gast von Speisen und Getränken entgegennimmt, kommt ein Bewirtungsvertrag zustande. Bei einer Bestellung ohne Sonderwünsche könnte der Wirt in Schuldnerverzug geraten, wenn er das Gewünschte nicht rechtzeitig bringt. Die Rechtsfolge ist ein Rücktrittsrecht für den Gast, so die Wirtschaftskammer. Laut VKI kann als Faustregel gelten: Wer mittags in einem gewöhnlichen Lokal speisen will und nach gut 30 Minuten noch immer ohne Essen dasitzt, kann gehen. Bei Getränken wird diese Spanne des Zumutbaren eher bei 20 Minuten liegen. Wer es korrekt machen will, sagt dem Personal dann etwa: „Wenn Sie mir mein Glas Wein in fünf Minuten nicht bringen, gehe ich wieder“– juristisch setzen Sie damit eine Nachfrist und erklären den Rücktritt.
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Ja, denn in Österreich wird ein Glas Wasser laut VKI als Dienstleistung gesehen. Der Wirt kann hierfür selbst einen Preis bestimmen. In der Praxis wird das unterschiedlich gehandhabt. Klar ist: Wenn der Betrieb für Leitungswasser ein Entgelt verlangt, muss dies dem Kunden vorher mitgeteilt werden.
Trotz Reservierung der Tisch nicht frei. Wenn Sie zum vereinbarten Termin erscheinen, aber in den folgenden 10 bis 15 Minuten keinen freien Tisch bekommen, haben Sie laut Konsumentenschützer Anspruch
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auf Schadenersatz. Sie können sich dann z. B. die Fahrtkosten erstatten lassen oder – wenn Sie deshalb in ein anderes Lokal gehen – die Mehrkosten geltend machen, wenn das Essen dort teurer ist.
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Laut Wirtschaftskammer ist eine Klausel zur Stornogebühr für den Gast dann gröblich benachteiligend, wenn damit ein pauschaler Prozentsatz als Stornogebühr festgelegt wird – ohne jene Kosten zu berücksichtigen, die sich der Wirt wegen des Nichterscheinens erspart hat. Prinzipiell haben Gastronomen