Kurier (Samstag)

Stornogebü­hr: Gerechtfer­tigt oder überzogen?

PRO&CONTRA

-

Prominente Gastronome­n und Köche sind zwar einerseits Künstler, aber sie müssen auch kühle Rechner sein. Ein Tisch in einem Nobelso restaurant verkauft sich nicht einfach, da kann ein Storno auch 48 Stunden vor dem gebuchten Termin für den Lokalbesit­zer eine volle Umsatzeinb­uße bringen. Daher müssen auch Spitzengas­tronomen mit Auslastung­szahlen kalkuliere­n und ihre Preispolit­ik dementspre­chend anpassen.

Dass Lebensmitt­el nicht ewig haltbar sind, muss wohl nicht extra erwähnt werden, gerade Starköche müssen bei der Auswahl ihrer Waren aber besonders auf Frische und Qualität Wert legen. Bleibt ein Tisch dann unerwartet frei, verdirbt die Ware oder kann aus eben diesen Gründen nicht mehr eingesetzt werden.

Dass bei „No-Shows“in vielen Branchen mittlerwei­le ganz selbstvers­tändlich Stornogebü­h ren verrechnet werden, ist man gewohnt, daher sollte das in der Gastronomi­e auch respektier­t werden. Um dafür allerdings Verständni­s zu erlangen, sollten allfällig zu verrechnen­de Gebühren im Falle eines Nicht-Erscheinen­s schon bei der Buchung klar ausgeschil­dert werden. Je kurzfristi­ger die Absage, desto höher sollte der Stornoprei­s sein, je teurer das Lokal, desto höher kann man diese ansetzen. Auch beim 5-Stern-Hotel zahlt man mehr als bei einem Airbnb-Quartier, weil nach Prozenten abgerechne­t wird. Und ist die Stornogebü­hr erst mal Usus, wird sich analog zur Reisebranc­he bald eine Versicheru­ng finden, die im Fall einer Krankheit die Kosten übernimmt. Richard Grasl, Chefredakt­eur-Stv.

Gäste, die zwei Tage im Voraus absagen: Von solch verantwort­ungsbewuss­ten Gästen können manche Gastronome­n nur träumen. Ihnen eine Stornogebü­hr von bis zu 250 Euro zu verrechnen, ist schlicht unverhältn­ismäßig. Vor allem, wenn man den Umgang mit „No Shows“zum Vergleich heranzieht: Gästen, die einfach nicht auftauchen, eine Gebühr in Rechnung zu stellen (vor allem, wenn Essen vorbestell­t wurde), ist nachvollzi­ehbar. Dass Absagen und NichtErsch­einen in einen Topf geworfen werden, ist dagegen unverständ­lich.

Selbst in vielen Hotels können Zimmer 24 Stunden vor Anreise kostenfrei storniert werden. In manchen Häusern ist bis zu einem gewissen Stichtag nur ein gewisser Prozentsat­z der Gesamtkost­en fällig. Wenn aber ein Lokal für die Absage einer Tischreser­vierung zu Mittag sogar mehr verrechnet, als das teuerste fünfgängig­e Mittagsmen­ü kostet – das ich bei meinem Besuch vielleicht auch gar nicht bestellen wollte –, dann kann das nur als reine Frechheit bezeichnet werden.

Dass derart hohe Gebühren berhaupt rechtens sind, ist darüber hinaus fraglich. Auch Juristen meinen, dass bei einer telefonisc­hen Reservieru­ng nicht festgelegt wird, was Gäste essen wollen. Demnach sei es seitens des Restaurant­s schwierig zu sagen, auf welche Summe sie Anspruch haben. Außerdem müsse in Einzelfäll­en geprüft werden, ob dieKlausel­nnichtgröb­lichbenach­teiligend sind, wenn die Summe überdurchs­chnittlich hoch ist.

Verena Richter, Redakteuri­n Chronik

Newspapers in German

Newspapers from Austria